Triathlonprojekte über eine einfache Langdistanz hinaus sind heutzutage keine Seltenheit mehr. Für Ultrasportler steht dabei weniger die reine Zielzeit im Fokus, sondern das Erlebnis an sich. Das beweist derzeit Jonas Deichmann, der auf seinem Triathlon rund um die Welt die dritte Disziplin abgeschlossen hat und auf eine Möglichkeit wartet, den Atlantik in Richtung Portugal zu überqueren, um die letzten 4.000 Kilometer auf dem Rad bis nach München zu fahren. Dann hat der Abenteurer einen Triathlon rund um den Globus gefinisht, der den Gesamtumfang von 120 Langdistanzen aufweist. Auf Fuerteventura steckt Rait Ratasepp aktuell in einem Projekt, das genau die Hälfte dieser Gesamtdistanz umfasst – und doch ganz anders ist. Rait Ratasepp will an 60 Tagen insgesamt 60 Langdistanzen im Las Playitas auf Fuerteventura hinter sich bringen. Jeden Tag 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und einen Marathon zum Tagesabschluss. Der Este – als Ultrasportler kein unbeschriebenes Blatt – ist das Projekt am 5. Oktober angegangen und hat mittlerweile seinen Rhythmus gefunden. Insgesamt warten auf ihn 228 Kilometer Schwimmen im 50-Meter-Pool des Ressorts, 10.800 Kilometer Radfahren auf der Insel mit 1800 Höhenmetern pro Tag und 2532 Kilometer Laufen rund um die Anlage. Gegenüber tri-mag.de erzählt der Este, der schon 20 beziehungsweise 40 Langdistanzen in 20 beziehungsweise 40 Tagen absolviert hat, von den ersten Tagen, Lehren aus den bisherigen Projekten und Leistungsdruck.
Rait Ratasepp, du absolvierst derzeit 60 Langdistanzen an 60 Tagen. Es ist nicht dein erstes Projekt dieser Art, die immer auch von Unwägbarkeiten begleitet werden. Sind die ersten Tage dennoch wie erwartet verlaufen?
Die ersten Tage waren tatsächlich wie erwartet. Was die Marathonzeiten angeht, so sind meine Erwartungen sogar übertroffen worden.
Du hast bereits zwei ähnliche Projekte absolviert. Inwiefern konntest du die Erfahrungen in die aktuelle Herausforderung einfließen lassen?
Ich habe diese zwei Projekte ja bereits am selben Ort absolviert und versuche natürlich, die Lehren aus früheren Herausforderungen für mich zu nutzen. Diesmal konnte ich zum Beispiel die Muskelprobleme und die Steifheit vermeiden, die durch den Sattel verursacht wurden und mir in der ersten Hälfte des 40-tägigen Ultratriathlons Probleme bereiteten. Im Gegensatz zu früheren Herausforderungen kam ich diesmal dreieinhalb Wochen früher nach Fuerteventura, um mich an die Temperaturen zu gewöhnen und einen zweiwöchigen umfangreichen Trainingszyklus zu absolvieren. Letzterer diente dazu, den Körper an die Radposition anzupassen. Eine weitere wichtige Änderung war die Verbesserung der Laufbelastbarkeit. Das Laufen ist der körperlich anspruchsvollste Teil, und die meisten Probleme treten genau dort auf. Deshalb habe ich in den vergangenen zwei Jahren mit einem sehr hohen Laufpensum trainiert – in dieser Zeit bin ich mehr als 14.000 Kilometer gelaufen. Die Vorbereitung auf den Lauf scheint sich ausgezahlt zu haben, denn die ersten Marathons waren, was die Muskelkondition angeht, völlig unproblematisch.
Impressionen von Rait Ratasepps Ultratriathlonprojekt im Las Playitas auf Fuerteventura. Fotos: Jakob Meier
Welche konkreten Ziele hast du während deines Projekts?
Ich versuche jeden Tag, schneller zu sein als bei früheren Herausforderungen. Da ich schon einmal einen 40-fachen Ultratriathlon erfolgreich absolviert habe, kann ich erst ab dem 41. Tag sagen, dass ich weiter gekommen bin. Bis dahin muss ich meine tägliche Motivation hoch halten und den Fokus aufrecht erhalten. Deshalb habe ich mir mehrere Ziele gesetzt, um schneller zu sein als bisher. Bis jetzt ist mir das gelungen. In den ersten neun Tagen bin ich 3:20 Stunden schneller als beim 40-Tage-Ultratriathlon 2019 unterwegs gewesen.
Inwiefern spürst du angesichts dieser Ziele selbstauferlegten Leistungsdruck oder eher Motivation?
Ich mag es nicht, nur dieselbe Herausforderung zu wiederholen. Ich versuche immer, schneller zu sein oder weiter zu kommen, was die Distanz angeht – oder beides. Die Zeitaspekte setzen mich unter Druck und erhöhen das Risiko für Überlastungsverletzungen oder Radstürze – was nach sieben Tagen beinahe passiert wäre. Aber sie sind auch eine Quelle der Inspiration und Motivation für mein Handeln. Ich lasse mich von meinen eigenen Fortschritten motivieren und inspirieren und lerne, wie mein Körper und mein Geist funktionieren.
Worin liegen die größten Probleme bei diesem Projekt?
Der größte unbekannte Faktor ist immer das Wetter. Auf Fuerteventura ist es immer windig, aber besonders schwierig ist es, wenn der Wind besonders stark wird. Am vierten Tag zum Beispiel betrug die Windgeschwindigkeit hier acht bis neun Meter pro Sekunde – und sofort wurde dieser Tag zu meinem bisher härtesten Tag bei diesem Projekt. Auch die Hitze bereitet beim Laufen einige Schwierigkeiten. Obwohl ich in den letzten Tagen bei 26 bis 27 Grad trainieren konnte, werden ab Samstag eine neue Hitzewelle und Temperaturen über 30 Grad vorhergesagt.