Schallmauern und realistische Maßstäbe: Was sind gute Zielzeiten für einen Triathlon?

Ob vor oder nach dem ersten Rennen, eines Tages kommt die Frage auf: Was ist eine gute Zeit für (m)einen Triathlon? Wir versuchen, uns der Antwort zu nähern.

Frank Wechsel

Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, da es viele Einflussfaktoren gibt, die in die Endzeit eines Triathlons einwirken. Die Topografie der Strecke, die durchschnittlichen Witterungsverhältnisse oder exakt vermessene Streckenlängen sind Punkte, die sich deutlich auf die Zielzeit auswirken können. Des Weiteren ist die Frage, welche Person der Maßstab ist. Hierbei ist es am besten, den Fokus auf sich selbst zu legen und nicht auf der Konkurrenz. Das Konsumieren von Youtube-Videos oder Social-Media-Posts mit anschließenden Vergleichen kann Energie kosten, die du lieber für dein eigenes Training aufwenden solltest. Glaube deshalb an dich und deine Stärken. Vorbilder sind gut, aber eine Kopie wird dich nicht so weit bringen, wie es dein eigener Weg schaffen wird.

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Sich eine bestimmte Zeit als Ziel zu setzten, birgt aufgrund der genannten Einflussfaktoren immer eine gewisse Unsicherheit. Ziele sollten ambitioniert und anspruchsvoll sein, jedoch nicht unrealistisch und außerhalb der eigenen Möglichkeiten liegen. Zu hoch gesteckte Ziele können schnell zu Motivationsproblemen führen. Es muss ein gesundes Gleichgewicht zwischen eigenem Input und gewollten Output herrschen. Ein gestecktes Ziel von einer Langdistanz unter 8:30 Stunden bei einem Trainingsaufwand von sieben Stunden ohne eine zurückliegende Bewegungsbiografie im Ausdauersport stellt ein klares Missverhältnis dar. Dennoch können gewisse „Schallmauern“ ein Ansporn sein, diese Zeitmarke zu knacken, schließlich liegt darin ein gewisser Reiz.

Windschatten, Pool, Wechselzone

Neben den Wettereinflüssen gibt es noch ganz andere Faktoren, die zu einer Zeitersparnis beziehungsweise zum Gegenteil führen können. Für viele Athleten, die auf der Mittel- oder Langdistanz unterwegs sind, ist es selbstverständlich, dass ohne Windschatten gefahren wird. Dennoch gibt es Veranstaltungen, bei denen das Drafting beim Radfahren erlaubt ist. Es betrifft zwar häufiger die Profis auf der Kurzdistanz, aber auch einige Veranstaltungen für Agegroup-Athleten lassen ein Windschattenfahren zu. Hier ist klar, dass ein Fahren mit Windschatten schneller ist als ohne. Deshalb ist der Vergleich mit Profi-Athleten auf den kürzeren Distanzen etwas schwieriger, da diese kaum Rennen haben, wo es keine Windschattenfreigabe gibt. Für die Rennen über die Mittel- und Langdistanz kann bei starken Radfahrern entscheidend sein, welcher Abstand erlaubt ist. So ist hier ein deutlicher Unterschied des Energieaufwands zu spüren, ob der Abstand bei zwölf oder 20 Metern liegt.

Ein weiterer Punkt, der die Endzeit deutlich beeinflussen kann, ist das Schwimmen. Der erste Unterschied besteht darin, wo geschwommen wird. Im Freiwasser kann nochmals zwischen Meer und See sowie fließendem Gewässer unterschieden werden. Zudem gibt es Wettkämpfe, bei denen die erste Disziplin in einem Schwimmbecken absolviert wird. Je nach Wassertemperatur kommt hinzu, dass möglicherweise ein Neoprenanzug getragen werden darf. Der Unterschied zwischen dem Schwimmen im Neoprenanzug und dem Schwimmen im Wettkampfanzug oder Swimskin kann bei nicht geübten Schwimmern bis zu zehn Sekunden und mehr auf 100 Metern ausmachen. Das kann auf einer Mitteldistanz nur durch die Wahl des Anzuges einen Zeitvorteil von mehr drei Minuten bringen. Dabei ist das Wasserschattenschwimmen noch nicht berücksichtigt. Wellige Bedingungen, Strömung und auch Orientierungsprobleme können hingegen dazu führen, dass du Zeit verlierst.

Die Wechselzone kann mitunter entscheidend sein, ob es eine Weltbestzeit wird oder knapp vorbeigeht. Laura Philipp kann davon wohl ein Lied singen, wenn man sie auf den Ironman Hamburg 2022 anspricht. Der Ballindamm in Hamburg zählt zu den längsten Wechselzonen im Triathlon. Ganz im Gegenteil zur Challenge Roth, wo der Weg aus dem Wasser zum Rad kurz ist. Zusätzlich sind die unterschiedlichen Streckenlängen ebenfalls entscheidend, wenn es um eine schnelle Zeit geht. Eine Langdistanz, selbst innerhalb einer Rennserie, ist nicht zwangsläufig 226 Kilometer lang. Jeder Veranstalter kann die Streckenlängen in einem gewissen Rahmen anpassen, manchmal lässt sich dies aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht vermeiden. Somit ist die Radstrecke in Roth knapp zwei Kilometer kürzer und auch der Marathon hat bei der aktuellen Streckenführung circa 41,5 Kilometer und damit circa 600 Meter weniger. Am Ende klingen 2,6 Kilometer nicht viel, wenn man bedenkt, dass dennoch gut 223 Kilometer absolviert wurden. Aber zur Endzeit trägt diese Verkürzung je nach Geschwindigkeit dennoch positiv bei. Eine Beispielrechnung: Für einen Athleten mit einem 38 km/h-Schnitt beim Radfahren und einer 4:30 min/km Pace beim Laufen ergibt sich eine Zeitersparnis von 3:10 Minuten für das Radsegment und 2:42 Minuten für den Laufabschnitt. Insgesamt spart der Athlet circa 5:52 Minuten, die am Ende einen deutlichen Unterschied machen können, ob das gesetzte Ziel erreicht wurde oder eben nicht. Deshalb sollte bei selbst gesteckten Zielen, die eine bestimmte Zeit betreffen, auch immer der Wettkampf entsprechend ausgewählt werden. Hier ist auch zu beachten, wie die Höhenmeter eines Kurses verteilt sind, es nützt nichts, wenn die Strecke etwas kürzer ist, aber die Höhenmeter die Fahrzeit dennoch in die Länge ziehen. Aber lassen wir einmal die gesamte Theorie außen vor: Was sind schnelle Zeiten auf bestimmten Strecken?

Super-Sprint-Distanz

Die kürzeste aller klassischen Distanzen ist der Super-Sprint. Bekannt im Profibereich ist die Streckenlänge hauptsächlich aus den Mixed-Relay-Rennen oder auch der Super League, wo es häufiger zu Abwandlungen in der Abfolge der Disziplinen kommt. Dieses Jahr wurde der Weltmeistertitel im Super-Sprint erstmals in der Ausrichtung des Eliminator-Formates in Hamburg vergeben. Aufgrund der Streckenlänge ist die kurze Distanz gerade für Triathloneinsteiger geeignet, die erste Erfahrungen mit der Sportart sammeln möchten. Eine Zeit von einer Stunde oder schneller ist für viele je nach Trainingsaufwand erreichbar. Für die 400 Meter beim Schwimmen rechnen wir mit einer Zeit von unter zehn Minuten, etwas geübtere Schwimmer werden hier sicherlich 2:00 min/100 m erreichen oder sogar schneller sein. Auch beim Radfahren rechnen wir anfangs etwas defensiver und sagen, dass 25 km/h im Schnitt je nach Kurs machbar sind. Nach knapp 24 bis 30 Minuten erreicht der Athlet demnach die Wechselzone nach zehn Kilometern auf dem Rad und hat für den abschließenden Lauf von ungefähr zwei Kilometern noch gute 20 Minuten auf der Habenseite. Bei einer Laufgeschwindigkeit von 7:30 min/km gäbe es dann immer noch einen Puffer von fünf Minuten für die Wechsel. Ambitionierte Athleten können sich die 45-Minuten-Grenze als Ziel setzen, während Profis, wie die Super-Sprint-Weltmeisterin Cassandre Beaugrand aus Frankreich insgesamt nur 21:35 Minuten in Hamburg benötigte, hier jedoch mit Windschattenfreigabe. Der Neuseeländer Hayden Wilde, ebenso gekürter Super-Sprint-Weltmeister in Hamburg, durchbrach sogar die Schallmauer von 20 Minuten und absolvierte die gesamte Distanz in 19:26 Minuten.

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Lars Wichert
Lars Wichert
Lars Wichert ist dreimaliger Weltmeister im Rudern und nahm an den Olympischen Spielen 2012 in London und 2016 in Rio de Janiero teil, bevor er zum Triathlon wechselte. 2021 gewann er sein erstes Rennen beim Ironman Hamburg in 8:12:46 Stunden, der schnellsten jemals erzielten Rookie-Zeit bei den Agegroupern.

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