Carbon in der Sohle hat sich bei Radschuhen im High-End-Bereich durchgesetzt. Die Vorteile: Das Material ist leicht, steif, komfortabel, die Schuhe sind biomechanisch optimiert und geeignet für eine individuelle Anpassung. Aber worauf genau kommt es an? Und wie unterscheiden sich die Modelle? Wir haben gemeinsam mit Experten auf die Details geschaut.
Hier flext nichts. Anders als bei Laufschuhen mit Carbonbauteilen in der Sohlenkonstruktion sind Carbonradschuhe beim Fußaufsatz steif und unnachgiebig. Sie verfolgen einen komplett anderen Ansatz. Arbeit durch die Fußmuskulatur ist ebenso wenig gefragt wie Spiel und Bewegung zwischen Schuh und Fuß.
Vielmehr soll die extrem harte, gern sehr dünne und manchmal auch den Fuß seitlich umschließende Carbonsohle für gute Kraftübertragung und Schonung der Bein- und Fußmuskulatur sorgen. Gleichzeitig vermitteln die Schuhe ein direktes Fahrgefühl, machen dadurch Rad und Sportler zu einer Einheit. Für Dreikämpfer interessant: Reine Triathlonmodelle sind auf dem Rückzug, immer mehr Profis setzen für eine vermeintlich bessere Performance stattdessen auf Rennradmodelle. Was hat es damit auf sich und worin unterscheiden sich diese oft sehr teuren Schuhe im Detail? Muss es zwingend „Custom“ sein? Und was hat das alles mit einer Wanne zu tun?
Kontaktpunkt Fuß
Die Füße sind Kontaktpunkte zum Rad. Sie werden aber, anders als beim Laufen, oft unterschätzt. Dabei hat beim Treten alles direkte Auswirkung auf das System weiter oben. Deshalb sind die Füße und damit das Schuhwerk beim Radfahren wichtig. Neben der Passform kommt ein ganz wesentlicher Anteil der Sohle zu. Das Material der Wahl ist ab einem gewissen Preisniveau Carbon. Der Vorteil der schwarzen Verbundfaser ist neben dem geringen Gewicht die Möglichkeit, sie als eine extrem steife Sohlenkonstruktion bei geringer Bauhöhe einzusetzen. Und zwar nicht nur flach. Der Trend der letzten Jahre geht, je nach Hersteller und Philosophie, in Richtung einer Form, die nach oben gezogen ist und an eine Wanne erinnert, also den Fuß umschließt. Dadurch entsteht seitlich kein überflüssiger Bewegungsspielraum. Fachleute vergleichen das mit Skistiefeln, und oft sind diese Sohlen auch per Hitze formbar und damit anpassbar.
Bei dem Thema geht es schnell um Details und in die Tiefe. Und weil man mit dem falschen Schuh viel falsch machen kann, haben wir einen Experten gefragt, der sich seit fast zwanzig Jahren um die Schuhversorgung von Radprofis und Triathleten kümmert: der Sportwissenschaftler und Orthopädiefachmann Oliver Elsenbach aus Köln.
Oliver Elsenbach
Der Sportwissenschaftler Oliver Elsenbach beschäftigt sich seit 2005 neben dem Thema Sitzposition schwerpunktmäßig mit der Kraftübertragung vom Fuß auf das Pedal. Er berät neben zahlreichen Radprofis auch Triathleten aus dem Amateur- und Profibereich. Aktuell etwa Mika Noodt und Hayden Wilde im Hinblick auf Biomechanik, Schuhwahl und Einlagen. Bei Bedarf modifiziert er das „Arbeitsgerät“ Schuh so lange, bis es perfekt passt. Elsenbach ist auch der Mann hinter der Einlage von Solestar, die zum Großteil aus Carbon besteht.
Höhe und Steifigkeit
Die Bauhöhe der Sohle wird als „Stack“ bezeichnet, wie der Begriff aus der Rahmengeometrie. Diese Bauhöhe hat direkten Einfluss auf die Kraftübertragung. Hierbei kann es um Unterschiede von vier bis fünf Millimetern gehen, die durch den Sohlenaufbau bedingt sind. Ähnlich wie bei den unterschiedlichen Pedalsystemen, wo es um den Abstand der Achse zur Unterkante des Schuhs geht. Je weiter die Achse vom Drehpunkt entfernt ist, desto schlechter ist die Wirkung der Kraft. Weniger Höhe soll in diesem Fall besser sein aufgrund der effektiveren Kraftübertragung. Klingt gut, aber woran macht man das fest?
Welcher Schuh ist oben auf dem Bild abgebildet?