Es dauert noch ein bisschen, bis Jonas Deichmann das Abenteuer Sibirien auf seinem Triathlon rund um die Welt angehen kann. Einen Vorgeschmack darauf, was ihn erwarten wird, bekam er allerdings in der vergangenen Woche bereits – in Breitengraden, in denen er damit nicht unbedingt gerechnet hatte. „Es war überraschend kalt und schneereich“ erklärt der 33-Jährige, der am Freitagabend im rumänischen Konstanza angekommen ist und via Moldawien in Richtung Ukraine weiterreisen wird.
Deichmann schafft weniger Kilometer als geplant
Über Istanbul hatte sich Jonas Deichmann bei seinem Projekt aufgemacht zur bulgarischen Grenze. „Die Fahrt nach Istanbul verlief problemlos, ich habe allerdings nicht ganz so viele Kilometer geschafft wie geplant, weil ich noch relativ viel damit beschäftigt war, die Visumangelegenheiten zu klären. Da habe ich kaum sechs Stunden am Tag auf dem Fahrrad gesessen.“ Das Vorhaben, die Stadt am Bosporus am Wochenende während des phasenweisen nationalen Lockdowns schnell zu durchqueren, geriet zu einer unerwarteten Herausforderung.
Temperatursturz und heftiger Wind
„Bei der Abfahrt nach Istanbul herrschte schon Schneetreiben in 1.000 Meter Höhe. Am Sonntag dann beim Rausfahren aus der Stadt hat es geschneit, wie man es in den Alpen ein paarmal im Jahr erlebt und wie es in Istanbul zuletzt vor 25 Jahren vorgekommen ist. Man hat kaum etwas gesehen, heftiger Wind wehte von Norden, es gab einen Temperatursturz“, berichtet Deichmann. „Das sind die Einwohner nicht gewohnt. Da war totales Verkehrschaos. Die sind mit dem Räumen nicht hinterhergekommen, die Autos sind geschlittert, es war nicht mehr fahrbar.“
Die Temperaturen bewegten sich knapp unterhalb des Gefrierpunkts. Für den Extremsportler bei seinem Abenteuer ein größeres Problem als knackige Kälte. „Dafür gibt es die richtige Ausrüstung. Das Problem war die Nässe. Die komplette Kleidung und die Schuhe waren sofort nass. Das war heftig. Ich bin kaum vorangekommen.“
In Bulgarien nimmt das Projekt wieder Fahrt auf
Bis zur bulgarischen Grenze hatte der Abenteurer mit Schnee und eiskaltem Wind zu kämpfen, der teilweise so heftig war, dass Deichmann auf Flachetappen nur mit zwölf Kilometern pro Stunde unterwegs war. Erst ab der bulgarischen Grenze nahm sein Projekt wieder richtig Fahrt auf. „Ich habe in der Türkei in Kirklareli noch einen Coronatest gemacht und bin dann über die Grenze.“
Gefährliche Straßen ohne Seitenstreifen
Zunächst hatte Deichmann die Straße auf einer langen Abfahrt nahezu für sich allein, da sich der Grenzverkehr dieser Tage in Grenzen hält. „Es waren minus neun Grad, ich habe dort draußen allein übernachtet. Bei der Kälte kommt meine Ausrüstung derzeit an ihre Grenzen, weil ich noch nicht mein Winterexpeditionsequipment habe. Nach Warna rein war dann viel Verkehr. Es gibt auf den größeren Straßen keinen Seitenstreifen, das ist richtig gefährlich.“ Deichmann aber musste sich sputen, um die rumänische Grenze zu erreichen. Die Zeit drängt bei seinem Projekt. „Ich bin bis in die Dunkelheit reingefahren, weil ich vor elf Uhr morgens in Rumänien sein musste – der Coronatest, den ich gemacht hatte, durfte nur 48 Stunden alt sein.“
Das Russlandvisum ist noch nicht ausgestellt
Die letzten 50 Kilometer bis zur Grenze brachte der Abenteurer am nächsten Morgen hinter sich und nahm Tempo bei seinem Triathlon rund um die Welt auf. „In Rumänien gibt es nur schnurgerade Straßen, vorbei an Feldern, da ist kilometerweit nicht viel.“ Am Freitag erreichte er Konstanza als Zwischenstation auf seinem Weg nach Sibirien über das ukrainische Charkiv. „Dort werde ich hoffentlich mein Visum für Russland haben, um weiterzufahren.“ Denn die Einreisegenehmigung liegt immer noch nicht offiziell vor. „Es gibt ein paar Verzögerungen in der Schweiz, aber es wird schon alles klappen. Es bleibt spannend.“
In Ukraine steigt Deichmann auf Winterausrüstung um
So spannend, dass Deichmann Außenstehende auch nach diesem Abenteuer wie bei seiner Rekordfahrt „Cape to Cape“ per Dokumentarfilm teilhaben lassen möchte. Per Crowdfunding soll die Doku finanziert werden. Als Gegenleistung möchte der Abenteurer Bücher, Live-Adventure-Coaching oder Postkarten von unterwegs anbieten. Möglicherweise auch aus Sibirien. Bevor es allerdings in das größte Land der Welt geht, wird Deichmann in der Ukraine umsteigen auf seine Winterexpeditionsausrüstung, die ihm dorthin geliefert wird. „Dann bin ich bereit für Sibirien.“
Jonas Deichmann berichtet auf tri-mag.de regelmäßig in Tagebuchform von seinem Triathlon rund um die Welt. Weitere Informationen zu seinen bisherigen Abenteuern sowie ein Livetracker zu seinem Triathlon rund um die Welt finden sich auf seiner Website jonasdeichmann.com.