Ein Unwetter ist in der Nacht zum Freitag durch Deutschland gezogen. Auch durch den Triathlonlandkreis Roth. Anders als wahrscheinlich in Frankfurt wird dort am Sonntag wohl mit Neo geschwommen. Wenn es eng wird, gibt es immer noch Peter Metz.
Ortstermin hoch oben über der Schwimmstrecke der Challenge Roth. Wir treffen uns im Steuerstand der Schleuse wenige Meter nach dem zweiten Wendepunkt der Schwimmstrecke der Challenge Roth. Diese Schleuse ist die dritthöchste Deutschlands. 12 Meter breit, 200 Meter lang, 25 Meter Hubhöhe. Hier werden große Wassermassen bewegt.
Das erklärt uns Peter „Pit“ Metz, der Schleusenwärter. Als er ankommt, öffnet er seine Jacke. Zum Vorschein kommt ein T-Shirt mit dem Schriftzug: „Radfahren ist veganes Reiten.“ Wir haben Glück, ihn zu treffen, denn erst vor wenigen Tagen ist Pit aus dem Radtrainingslager auf Lanzarote zurückgekehrt – seinem 25. auf der Vulkaninsel. Pit ist viel häufiger im Sportdress unterwegs als in seiner offiziellen Schleusenwärteruniform. Genau genommen hat er die nur einmal getragen – als er zur Einweihung seiner Arbeitsstätte 1992 den damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker geschleust hat.
Schleusenwärter mit helfenden Händen
Wer so sportlich unterwegs ist, selbst Triathlonerfahrung mitbringt (zwei Einzel- und zwei Staffelstarts bei der Challenge) und im Landkreis Roth lebt und arbeitet, hat wahrscheinlich auch sonst etwas mit der Challenge zu tun. Wir fragen Pit – und erhalten die überraschende Antwort: Eigentlich habe er ja Physiotherapeut werden wollen. Doch da er auf den Platz an der Schule damals, Anfang der 90er, zweieinhalb Jahre hätte warten müssen und rund um den im Bau befindlichen Kanal gerade einige Stellen frei waren, sei er eben Schleusenwärter geworden. Das Massieren habe er sich nebenher selbst beigebracht – mit dem Ergebnis, dass er 14 Jahre lang die Massageabteilung im großen Zelt hinter der Finishline des Rennens geleitet habe.
Aber zurück zur Schleuse, die die großen Wassermassen bewegt. Wasser ist nämlich nicht gleich Wasser. Unter 0 Grad ist es fest, über 100 Grad gasförmig. Im Bereich dazwischen flüssig und in einem noch kleineren Bereich schwimmbar für uns Triathleten. Laut Sportordnung der Deutschen Triathlon Union (DTU) darf auf der Langdistanz mit ihrer 3,8-Kilometer-Schwimmstrecke ab 14 Grad geschwommen werden. Bis 15,9 Grad ist der Neoprenanzug dabei Pflicht, ab 16 bis 24,5 Grad optional und darüber verboten.
Die Wassertemperatur nach dem Starkregen der Nacht betrug beim offiziellen Testschwimmen am Freitagmorgen 23,1 Grad. Es dürfte also sicher sein, dass am Sonntag mit Neoprenanzug geschwommen werden darf, zumindest bei den Agegroupern (bei den Profis liegt die Grenze bei 22 Grad). Denn schließlich gibt es ja auch noch Pit: „Wenn wir beide Kammern Wasser der Hilpoltsteiner Schleuse mit insgesamt 120 Millionen Litern Wasser innerhalb von 20 Minuten in diese 4-Kilometer-Haltung einlaufen lassen, dann gerät das tiefere Kaltwasser an die Oberfläche. Wir haben es mal durchexerziert: Wenn ich es richtig mache, kann ich das Wasser innerhalb einer guten Stunde um zweieinhalb Grad abkühlen.“ Wenn es darauf ankommt, werden Pit viele Triathleten dafür danken.
Der Langener Waldsee hat übrigens zehn Tage vor dem Rennen eine Wassertemperatur von 24,4 Grad. Nach aktuellen Prognosen läuft es wohl auf ein Neoprenverbot beim Ironman Frankfurt am 2. Juli hinaus. Denn erstens lässt die Wetterprognose für die Rhein-Main-Region weitere Temperatursteigerungen erwarten. Zweitens hat der Langender Waldsee keine Schleuse. Und drittens keinen Schleusenwärter, der Triathlon so sehr liebt wie Pit.
Pit Metz ist einer von vielen stillen Protagonisten der Challenge Roth, die wir in der Vorbereitung auf unser großes „triathlon special 1/2023“ besucht haben. Auf 120 Seiten berichten wir über die 2023er-Auflage des Rennens in der Traumfabrik. Ab dem 7. Juli 2023 im Zeitschriftenhandel und im Abo. Oder per Vorbestellung hier: