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Jonas Deichmann muss wieder warten und sattelt um

Ein Schlagloch jagt das andere: Auf seinem Triathlon rund um die Welt hat Jonas Deichmann mittlerweile die Ukraine erreicht – und ist hin- und hergerissen von den Verkehrsbedingungen im zweitgrößten Land Europas. „Das Streckenprofil ist absolut flach, aber die Straßenverhältnisse sind grausam. Das ist eine Schotterpiste, teilweise sind auch die Hauptstraßen von Schlaglöchern übersät. Das sind die schlechtesten Zustände, die ich bisher auf meinem Trip erlebt habe, da muss man schon teilweise zickzack fahren“, erklärt der Abenteurer, der keine große Wahl hat. „Hier schmilzt gerade der Schnee, auf den kleineren Straßen gibt es deshalb viel Matsch. Da kann man auch kaum fahren.“

Rücksichtsvolle Lkw-Fahrer

Auf der anderen Seite hätten ihn die Verkehrsbedingungen aber auch positiv überrascht. „Viele hier nehmen Rücksicht auf Fahrradfahrer. Die meisten Lkw-Fahrer halten Abstand und bremsen für mich. Aus dieser Perspektive ist es angenehm.“

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Nachdem er in der vergangenen Woche Odessa verlassen hatte, ging es bei seinem Projekt zunächst mit Rückenwind und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34 Kilometern pro Stunde voran – ehe ihn eine 75 Kilometer lange Schotterpassage ausbremste. Um noch mehr Strecke zu machen, ging es bis zu zwei Stunden in die Dunkelheit hinein. „Es war Vollmond, traumhaft schön. Die Straßen führten endlos geradeaus an Feldern vorbei. Irgendwann ist eine Bushaltestelle imNirgendwo aufgetaucht“, so Deichmann. Die Bushaltestelle wurde zum Nachtlager. „Ein cooler Platz.“ Im wahrsten Sinne des Wortes. „Nachts waren es minus fünf Grad.“

Markus Weinberg Eine Bushaltestelle im Nirgendwo diente als Nachtlager.

„Pure Sowjettristesse“

Auf dem Weg nach Charkiw durchquerte der Abenteurer auch Krywyj Rhi. „Dort gibt es ein riesiges Industriezentrum, alte Sowjetindustrie mit Bergbau. Total verdreckt und die pure Sowjettristesse, so wie man sich das vorstellt“, beschreibt Deichmann seine Eindrücke der Industriezone, die circa 70 Kilometer lang ist. „Plattenbauten, Schwerindustrie – keine schöne Stadt“, so Deichmanns Urteil.

Radladen in dunkler Seitenstraße mit super Mechaniker

Auf dem weiteren Weg erhielt er virtuelle Unterstützung eines Ukrainers aus Charkiw, der dem lokalen Radclub angehört und Deichmann Routen auf Komoot gebaut hat, um ihn schneller Richtung Nordosten zu lotsen. Die Strecke führte Deichmann bei seinem Abenteuer auch durch Dnipro, eine ehemalige geschlossene Stadt, in der ein Großteil der sowjetischen Rüstungs- und Raumfahrtindustrie ansässig war. „Dort hat sich bei mir das Innenlager des hinteren Laufrads gelockert. Ich bin dann in einen kleinen Radladen in der Stadt gefahren, der aber kein wirklicher Radladen war. Dort gab es Rasenmäher und ähnliches“, berichtet Deichmann.

Doch er hatte Glück. „Zufällig kam ein Fahrradkurier vorbei, der ist mit mir 15 Kilometer durch die Stadt gefahren, bis in eine dunkle Seitengasse mit heruntergekommenen Garagen. Dort gab es keine Schilder, nichts hat auf einen Fahrradladen hingedeutet. Dann hat er an ein Metalltor geklopft. Nach kurzer Zeit ging das auf und dahinter war ein moderner Radladen mit einem super Mechaniker, der mir das Laufrad repariert hat“, erzählt Deichmann. „Das hätte ich nie im Leben gefunden, selbst wenn es auf Googlemaps angezeigt worden wäre.“

privat Retter in der Not: Ein Fahrradkurier in Dnipro brachte Jonas Deichmanns zu einem Fahrradladen, wo ein Mechaniker das hintere Laufrad reparierte.

Vor den Toren Charkiws übernachtete Deichmann erneut im Zelt, ehe ihn auf den letzten 30 Kilometern in die Stadt hinein Mitglieder des lokalen Rad- und Triathlonclubs bei Schneegestöber begleiteten. Jetzt heißt es für Deichmann bei seinem Projekt vorerst wie schon vor Wochen in der Türkei: warten. Auf die Weiterfahrt nach Russland. Denn der 33-Jährige hält sein Visum immer noch nicht in Händen.

Reiten und Bogenschießen gegen die Langeweile

Bis es soweit ist, nimmt Deichmann jede willkommene Abwechslung mit und sammelt abseits vom Abenteurerleben unter einem festen Dach neue Kraft. „Mich hat eine Gastgeberin für ein paar Tage eingeladen. Ich bin in Charkiw relativ populär, habe 20 Nachrichten auf Instagram erhalten. Der Triathlonclub hat ein Programm für mich mit verschiedenen Aktivitäten geplant“, verrät Deichmann, der bereits den Fahrrad- gegen den Pferdesattel getauscht hat. „Ich bin Reiten gegangen und war Bogenschießen. Wir werden auch noch Radausfahrten unternehmen. Ich werde mich hier vergnügen und ausruhen – bis ich weiterfahren kann.“

Jonas Deichmann berichtet auf tri-mag.de regelmäßig in Tagebuchform von seinem Triathlon rund um die Welt. Weitere Informationen zu seinen bisherigen Abenteuern sowie ein Livetracker zu seinem Triathlon rund um die Welt finden sich auf seiner Website jonasdeichmann.com.

Bengt Lüdke
Bengt Lüdke
Bengt-Jendrik Lüdke ist Redakteur bei triathlon. Der Sportwissenschaftler volontierte nach seinem Studium bei einem der größten Verlage in Norddeutschland und arbeitete dort vor seinem Wechsel zu spomedis elf Jahre im Sportressort. In seiner Freizeit trifft man ihn in Laufschuhen an der Alster, auf dem Rad an der Elbe – oder sogar manchmal im Schwimmbecken.
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