Er hat fast alles gewonnen, was man im Triathlon gewinnen kann: Kristian Blummenfelt zählt zu den erfolgreichsten Athleten dieses Sports. Und seine scheinbar mühelosen Wechsel zwischen den Distanzen machen ihn zum Phänomen. Der Norweger feiert seinen 30. Geburtstag – und hat noch viel vor.
Blummenfelt! Was für ein passender Name für jemanden, der am Valentinstag geboren wurde. Am 14. Februar 1994 kam Kristian Blummenfelt im norwegischen Bergen zur Welt, nun feiert der Weltklassetriathlet seinen 30. Geburtstag.
30? Dieser Blummenfelt ist erst 30 Jahre alt? Kein Alter für einen Triathleten Und doch: Würde der Norweger jetzt seine Karriere beenden, hätte er eine derart stattliche Anzahl an Erfolgen vorzuweisen, die nur wenige vorweisen können. Er hat in jungen Jahren bereits alle großen Titel gewonnen: Blummenfelt ist Olympiasieger, gewann die WTCS-Serie auf der Kurzdistanz und war Ironman- sowie Ironman-70.3.-Weltmeister. Dazu stellte er zwei Weltbestzeiten auf der Langdistanz auf, 2021 beim Ironman Mexico und beim Sub7-Projekt im Juni 2022 (wenngleich beiden Rekordmarken die offizielle Anerkennung fehlt).
Sportlich startet er als Schwimmer und Fußballtorwart
Doch der Reihe nach. Der leidenschaftliche Schwimmer und Fußballtorwart Kristian Blummenfelt sucht bereits als junger Bursche nach immer neuen Herausforderungen und bestreitet 2008, im Alter von 14 Jahren, seinen ersten Triathlon. Es ist die Premiere eines Dreikampfs in seiner Heimatstadt Bergen. Blummenfelt läuft als Erster über die Ziellinie und findet Gefallen an diesem Sport. Der Startschuss in eine Bilderbuchkarriere, die es in dieser Form und in dieser kurzen Zeit nie zuvor gab im Triathlon.
Die ersten Jahre sind allerdings holprig. Blummenfelt ist zwar talentiert und ehrgeizig, aber zunächst als Einzelkämpfer unterwegs. Seine ersten Gehversuche in den höchsten Klassen internationaler Rennen enden meistens im hohen zweistelligen Platzierungsbereich. Das ändert sich 2014, als der Trainer Arild Tveiten Struktur in seinen Trainingsplan bringt. Und Ziele formuliert. Der Coach, den Blummenfelts Weggefährten Mikal und Gustav Iden ihm vermitteln, hat gute Verbindungen zum norwegischen Olympiakomitee. Und präsentiert dort ein Vorhaben, um an Fördertöpfe heranzukommen: Eine Medaille im Triathlon soll her. Der Zehnjahresplan nimmt die Olympischen Spiele 2024 in Paris ins Visier – als große Bühne für die Athleten aus Norwegen, die in dieser Sportart bis dahin nicht wirklich in Erscheinung getreten sind.
„Ich werde Olympiasieger!“
Blummenfelt ist das aber zu weit weg. Und zu wenig konkret. Nicht irgendein Norweger soll erst 2024 irgendeine Olympiamedaille gewinnen. Er prescht vor und erzählt der Lokalzeitung in Bergen: „Ich werde Olympiasieger!“ Aber warum so lange warten? 2016 finden doch auch schon Olympische Spiele statt. In Rio de Janeiro wolle er erste Erfahrungen sammeln, in Tokio solle es dann Gold für ihn werden.
Er arbeitet hart für seine Ziele und im Mai 2016, drei Monate vor den Olympischen Spielen in Rio, fährt er den ersten Lohn dafür ein: Kristian Blummenfelt gewinnt an drei Wochenenden in Folge ein Europacuprennen in Spanien, ein Weltcuprennen in Madrid und die Bronzemedaille beim WM-Serien-Rennen in Japan.
Blummenfelt kündigt Olympiasieg an und holt, logisch, Gold
In dieser Phase tritt Olav Aleksander Bu auf den Plan – und damit ein Coach, der wie Kristian Blummenfelt tickt. Der ehrgeizige Sportwissenschaftler lebt seine Berufsbezeichnung wie kein anderer: Sportlicher Erfolg ist nur auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse möglich, das ist seine Philosophie. Und seine Methode: Dinge ausarbeiten und sie so vermitteln, dass das Team sie selbstständig umsetzen kann. Dadurch bekommt Bu den Kopf frei für den nächsten großen Schritt. Damit ergänzt sich seine Philosophie perfekt mit der von Blummenfelt: Das nächste Ziel kann immer nur ein Zwischenziel sein. Bu wird der Leiter des Olympiaprogramms und konfrontiert seine Sportler mit harten Wahrheiten. Zum Beispiel dem Unterschied zwischen der vermuteten und der tatsächlich ermittelten anaeroben Schwelle. Aber seine vielen Messungen zeigen auch, wie Training wirkt. Und dass es bei Blummenfelt wirkt. Diese Erkenntnisse setzt der ehrgeizige Sportler mit Coach Tveiten um.
Blummenfelt braucht seine Weggefährten
In Rio besteht das norwegische Olympiaprogramm im Triathlon nur aus Blummenfelt. Bei seiner Premiere landet der Einzelkämpfer auf Rang 13. Mit damals 22 Jahren ist er der Älteste im norwegischen Triathlonprogramm, die anderen sind noch nicht so weit. Gustav Iden und Casper Stornes werden Freunde, Blummenfelt umtreibt die Angst, dass die Jüngeren ihn irgendwann einholen könnten. Das spornt ihn an – und der erste Star der Norweger braucht seine Weggefährten: „Wie soll man sonst die vielen Höhentrainingslager in der Sierra Nevada überstehen?“
2018 ist es so weit. Gustav Iden und Casper Stornes haben zu Blummenfelt aufgeschlossen. Auf den Bermudas macht die World Triathlon Series mit ihrem zweiten Saisonrennen Station. Ein verrückter Tag für die Norweger. Stornes gewinnt das Rennen vor Blummenfelt und Iden. Und die Triathlonwelt staunt und spricht über Norwegen. Blummenfelt holt auch bei den kanadischen Rennen in Edmonton und Montreal Silber, wird im Grand Final und in der Serienwertung Fünfter. Endlich Weltklasse.
Weltbestzeit auf der Mitteldistanz
Kurz zuvor wagt der bullige Athlet ein besonderes Abenteuer zum Jahresende: 2017 geht er beim Ironman 70.3 Bahrain erstmals auf die Mitteldistanz – und gewinnt. 2018 kehrt er zurück in den Nahen Osten und ist über 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren und 21,1 Kilometer Laufen so schnell wie niemand zuvor. In 3:29:04 Stunden markiert er die neue Weltbestzeit, den Halbmarathon läuft er dabei in 1:06:58 Stunden. 2019 ist er sogar noch schneller, allerdings wurde die Radstrecke verkürzt. An das Rennen schließt sich die legendäre Diskussion an, ob die Langstrecke unter sieben Stunden zu absolvieren ist. Das Projekt Sub7/Sub8 entsteht und damit wieder eines jener großen Ziele, die Blummenfelt als Antrieb benötigt. Doch er braucht auch Geduld, denn vorher stehen andere Aufgaben an. Zum Beispiel die Olympischen Spiele in Tokio, für die er seine Mitfavoritenrolle mit dem Sieg im Finale der World Triathlon Series 2019 in Lausanne festigt.