Das Auftaktrennen der World Triathlon Championship Series 2024 in Abu Dhabi wurde kurzfristig abgesagt. Was macht man mit der Form? Vier Deutsche, ein Japaner und ein norwegischer Olympiasieger haben sich zusammengetan.
Abu Dhabi am Freitagnachmittag. Eigentlich ist alles bereitet für das erste Rennen der World Triathlon Championship Series 2024. Doch die Helfer sammeln die Pylonen wieder ein. Das Rennen wurde abgesagt, wie alle anderen Outdoor-Events von Freitag bis Sonntag im Emirat. Man erwarte ein Unwetter und wolle die Stadt darauf vorbereiten, so der offizielle Wortlaut. Alle Versuche des Weltverbands World Triathlon, eine Ausnahmegenehmigung zu bewirken, sind fehlgeschlagen.
Gefightet wird trotzdem. Sechs Männer haben sich zusammengetan für ein hartes Koppeltraining. Man wolle es sich mal so richtig einschenken, die Form dafür sei ja da – da sind sich die Deutschen Tim Hellwig, Simon Henseleit, Lasse Lührs und Jonas Schomburg, der Japaner Kenji Nener und der norwegische Olympiasieger Kristian Blummenfelt einig.
Ein Zaun an einem Eingangstor zum Yas Marina Circuit, der Formel-1-Strecke am Rande der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, dient als Wechselzone. Vier Blöcke sind geplant, mit variablen Rad- und Laufabschnitten.
Die Wechselzeiten spielen keine ganz große Rolle. Eher stehen die Wattleistungen auf dem Rad (wir lesen auf den Displays hohe dreistellige Zahlen) und die Laufzeiten pro Kilometer (die bis 2:40 Minuten nach unten gehen) im Fokus.
Zu Beginn der Session laufen noch alle Protagonisten zusammen. Checkt man hier gegenseitig die Form? Und rechnet seine Chancen für die späteren Intervalle aus?
Schnell wird klar: Es ist der Norweger Kristian Blummenfelt, der hier den Ton angibt. Er sagt, wann losgelaufen wird. Und er zeigt, wie schnell das gehen kann.
Die Radabschnitte sind zwischen fünf und zehn Kilometern lang. Mit vielen Kreisverkehren. Die Deutschen sind sich nachher einig: Druck hat er ja, der Norweger. Aber an der Kurventechnik darf auch ein Kristian Blummenfelt noch arbeiten.
Von 0 auf 240 Kilometer pro Stunde – das schaffen auch unsere sechs Jungs nicht. Das bleibt der Formula Rossa vorbehalten, der schnellsten Achterbahn der Welt, die das Highlight der Ferrari World im Vergnügungsviertel von Abu Dhabi ist. Heute ist sie wegen Wartungsarbeiten geschlossen. Nicht alles, war im Wüstensand geplant wird, funktioniert auch. Wie beim Triathlon.
Beim Laufen haben sich die Männer auf ein abwechslungsreiches Programm geeinigt. Mal sind es drei Kilometer am Stück, in einem anderen „Brick“ zweimal 1,5 Kilometer, am Ende dreimal 1.000 Meter.
Die Deutschen halten mit Blummenfelt mit – so sieht es auf den ersten Blick aus. Beim genauerem Hinschauen stellt man fest: Die Mannschaftstaktik geht auf, Blummenfelt hat es mit wechselnden Sparringspartnern zu tun. Deutschland gegen Blummenfelt – so hätten wir es uns für den Wettkampf gewünscht. Aber die Saison hat da ja noch andere Rennen zu bieten.
Eine Verpflegungszone gibt es heute nicht. Die Protagonisten sind auf eigene Versorgungskonzepte angewiesen. Und wer sich schon einmal über das Körpervolumen eines Kristian Blummenfelt gewundert hat, der weiß spätestens jetzt, wofür er das braucht.
Am Ende leidet jeder. Der Japaner Kenji Nener. Die Deutschen Simon Henseleit, Tim Hellwig, Lasse Lührs und Jonas Schomburg. Nur Blummenfelt zeigt, dass er es gewesen wäre, den es heute zu schlagen gegolten hätte. Hätte, sollte, wäre … so langsam finden auch wir uns mit unserem Schicksal ab, ohne echte Rennbilder nach Hause zu fliegen. Echtes Laktat gibt es dagegen für die Jungs.
Runde um Runde wird weiter gefightet. Auch das Donnergrollen am Horizont lässt die Profis unbeeindruckt.
Zwei Stunden dauert diese harte Session. Der Wettkampf wäre längst zu Ende gewesen. Doch immer wieder peitschen sich die Jungs zum nächsten Intervall an. Echter Kampfgeist, getaperte Form und der Frust über den ausgefallenen Wettkampf ergänzen sich hier ideal.
Über der Wechselzone sind längst dunkle Wolken aufgezogen. Doch Programm ist Programm. Aufgeben wäre ein Zeichen von Schwäche.
Und am Ende kommt es, wie es kommen muss: Der Regen beginnt. Nach dem letzten Laufabschnitt kommt Kristian Blummenfelt allein zurück. Die letzten Widersacher hat er einfach stehen lassen. Der letzte Kilometer in 2:40 Minuten – wäre er, wäre das auch im Wettkampf so gelaufen?
Die Session ist beendet. Sechs Männer hatten ihren Spaß. Und auch wir sind dankbar, doch noch großen Sport vor die Kamera bekommen zu haben.
„Wir haben das Beste draus gemacht“ – da sind sich alle einig. Und alle wissen, dass die Form stimmt. Oder was noch fehlt, um ganz vorn dabei zu sein bei den Rennen, die kommen werden. Die Saison 2024 ist noch nicht wie geplant gestartet. Der Triathlonsommer 2024 wird heiß!