Dienstag, 30. April 2024

Inspirationen und Meilensteine: Zehn Pionierinnen im Triathlon

Bis zum Jahr 1967 waren Frauen in der Leichtathletik nur auf Strecken bis 800 Meter zugelassen. Die erste Frau, die sich dem widersetzte, war die US-Amerikanerin Kathrine Switzer. Sie meldete sich in besagtem Jahr unter „K. V. Switzer“ beim Boston Marathon an und beendete ihn trotz heftiger Proteste der Veranstalter. Diese Geschichte zeigt, dass Frauen im Ausdauersport lange Zeit keine Selbstverständlichkeit waren, so wie es heutzutage der Fall ist. Männer sind, besonders auf längeren Distanzen, zwar nach wie vor in der Überzahl, doch das Bild wandelt sich. Dazu braucht es Sportlerinnen, die große und kleine Geschichten schreiben und andere Frauen damit ermutigen, es ihnen gleichzutun – oder zumindest den ersten Schritt zu wagen. Wir stellen zehn Frauen vor, die den Triathlonsport auf unterschiedliche Art und Weise geprägt und sich einen Namen gemacht haben.

Paula Newby-Fraser
Frank Wechsel / spomedis Paula Newby-Fraser kann den Ironman Hawaii achtmal für sich entscheiden und hält diesen Rekord bis heute.

Immer schön der Reihe nach. Ein Name, der heutzutage kaum noch geläufig ist, ist Lyn Lemaire. Bereits ein Jahr nach der Erstaustragung des Ironman Hawaii im Jahr 1978 war die US-Amerikanerin aus Boston die erste (und einzige) Frau, die an der Veranstaltung teilnahm. Sie benötigte für die 226 Kilometer 12:55:38 Stunden, war als Radweltmeisterin in der zweiten Disziplin jedoch nur gut zehn Minuten langsamer als der Sieger Tom Warren. Dieser Performance hatten die vier weiteren teilnehmenden Männer nichts entgegenzusetzen.

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Julie Moss, Ironman-Finish 1982
NBC / Ironman Julie Moss krabbelt bei der ersten Oktober-Ausgabe des Ironman 1982 als Zweite ins Ziel auf dem Alii Drive.

Dass Julie Moss und Kathleen McCartney im Doppelpack in dieser Liste auftauchen, hat einen guten Grund. Zusammen haben sie sich auf dem Zielteppich des Ironman Hawaii 1982 zu Legenden gemacht und dazu beigetragen, dass das Rennen weltweit in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. Der Sieg von Julie Moss schien gegen Ende des Marathons fast sicher. Als Führende auf die Zielgerade einbiegend, strauchelte sie und sackte, nachdem sie zuvor schon Probleme bekommen hatte, endgültig kraftlos in sich zusammen. Laufen war nicht mehr möglich, krabbeln schon. Ihre Verfolgerin Kathleen McCartney konnte sie in diesem Moment einholen und Moss den Sieg im letzten Moment noch aus der Hand reißen. HIER könnt ihr die ganze Geschichte lesen.

Paula Newby-Fraser gilt als die unangefochtene Queen of Kona, denn sie kann sich acht Siege auf der Pazifikinsel auf die Fahne schreiben. Bekannt war sie für ihre professionelle Herangehensweise an den Sport, das war zu diesem Zeitpunkt so noch nicht üblich. Newby-Fraser startete zunächst einige Jahre für ihr Heimatland Simbabwe, bevor sie im Jahr 1993 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Ein Jahr zuvor stellte sie auf Hawaii einen Streckenrekord (8:55:28 Stunden) auf, der erst 2009 von Chrissie Wellington unterboten werden konnte. Auch ihre Weltbestzeit auf der Langdistanz, aufgestellt in Roth 1994, hatte 14 Jahre lang Bestand, bevor die Niederländerin Yvonne van Vlerken an gleicher Stelle schneller war.

Natascha Badmann kann sich als erste Europäerin den WM-Titel auf Hawaii sichern.

Natascha Badmann gehört ebenfalls zu den Athletinnen, die eine eindrucksvolle Erfolgshistorie vorzuweisen haben. Als erste Europäerin hat sie durch ihren Hawaii-Sieg 1998 maßgeblich zur Beliebtheit des Sports hierzulande beigetragen. Zwei Jahre zuvor belegte die Schweizerin bereits den zweiten Platz hinter Paula Newby-Fraser, danach stand sie noch fünf weitere Male ganz oben auf dem Podest. Badmann ist dem Triathlon treu geblieben und fungierte unter anderem als Kapitänin des europäischen Teams beim Collins Cup. 2020 wurde sie mit dem Lifetime-Award der triathlon geehrt und ein Jahr später in die Hall of Fame von Ironman aufgenommen.

Im olympischen Kontext ist Triathlon eine verhältnismäßig junge Sportart. Erst im Jahr 2000 wurde der Dreikampf im Programm aufgenommen. Die erste Olympiasiegerin ist die Schweizerin Brigitte McMahon. Die Silbermedaille ging damals an die Australierin Michellie Jones sowie McMahons Landsfrau Magali Messmer. Über Brigitte McMahons Karriere legte sich nach dem Olympiasieg in Sydney allerdings ein dunkler Schatten. Im Jahr 2005 wurde sie positiv auf EPO getestet und anschließend gesperrt. 2014 kehrte sie als Altersklassenathletin ins Wettkampfgeschehen zurück.

Chrissie Wellington siegt bei der Challenge Roth 2011 in Weltbestzeit.
Michael Rauschendorfer Chrissie Wellington ist nach wie vor die Inhaberin der Weltbestzeit auf der Langdistanz (8:18:13 Stunden).

Seit mehr als zehn Jahren ist Chrissie Wellington nicht mehr als Profiathletin aktiv, doch man kann sich darauf verlassen, dass ihr Name regelmäßig im Gespräch ist, wenn schnelle Zeiten auf den Asphalt gezaubert werden. Die Britin ist nämlich nach wie vor die Inhaberin der Weltbestzeit auf der Langdistanz, nachdem sie bei der Challenge Roth 2011 in 8:18:13 Stunden das Ziel erreichte. Dass die Zeit gefährlich wackelt und bald fällig sein dürfte, wurde spätestens beim Ironman Hamburg 2022 deutlich, als Laura Philipp bei alles andere als perfekten Bedingungen nur sieben Sekunden langsamer war.

In einem Gänsehaut-Finish wird Nicola Spirig 2012 zur Olympiasiegerin.

Nicola Spirig ist etwas gelungen, was vor ihr keine andere Athletin geschafft hat. Bei zwei Olympischen Spielen in Folge stand die Schweizerin auf dem Podium. 2012 ging die Goldmedaille nach einem legendären Fotofinish mit Lisa Nordén an Spirig, vier Jahre später musste sie sich nur Gwen Jorgensen geschlagen geben. Insgesamt nahm Spirig fünfmal an den Spielen teil. Den Sprung auf die Langdistanz hat sie nur einmal gewagt, dies jedoch bei einem besonderen Format. Im Juni 2021 nahm sie gemeinsam mit Katrina Matthews am Projekt „Sub8“ teil, um eine Langdistanz unter optimalen Bedingungen in weniger als acht Stunden zu absolvieren. Dies gelang ihr in 7:34:19 Stunden hinter Matthews, rund drei Monate vor ihrem Karriereende.

Madonna Buder dürfte eine echte Inspiration für alle sein, die mit Alterserscheinungen hadern. Die mittlerweile 92-jährige Ordensschwester aus den USA hat erst mit Ende 40 zum Ausdauersport gefunden. Ihren ersten Triathlon absolvierte sie mit 52 Jahren, die erste Langdistanz drei Jahre später. Davon hat sie inzwischen knapp 50 Stück in den Beinen sowie insgesamt fast 400 Triathlons. Madonna Buder hält nach wie vor den Weltrekord als älteste Ironman-Finisherin, nachdem sie beim Ironman Canada 2012 als 82-Jährige mit einer Zeit von 16:32 Stunden ins Ziel kam. Übrigens wurde eigens für die „Iron-Nun“ eine neue Altersklasse in der Wertung eingeführt.

Anne Haug hat noch keine ihrer vier Ironman-Weltmeisterschaften außerhalb des Podiums beendet. 2019 gelingt ihr der Sprung auf das Siegertreppchen.

Anne Haug ist unter den hier aufgeführten Athletinnen die einzige noch aktive Profisportlerin. In der deutschen Triathlonszene vereint sie die Kurz- und Langdistanz. Sie nahm 2012 und 2016 an den Olympischen Spielen teil und wurde 2013 Weltmeisterin im Mixed Relay mit Jan Frodeno, Anja Knapp und Franz Löschke. Haug betont stets, dass sie „den Kampf Mann gegen Mann“ auf der Kurzdistanz immer mochte. Dass der Umstieg auf die Langdistanz eine gute Idee war, bewies Haug jedoch schnell. Ihr Debüt beim Ironman Frankfurt 2018 beendete sie auf dem vierten Platz, bei ihrem ersten Hawaii-Start landete sie auf dem Podium (Platz drei). Ein Jahr später krönte sie sich zur ersten deutschen Ironman-Weltmeisterin, da Nina Kraft 2004 als Siegerin kurz nach dem Rennen des EPO-Dopings überführt und disqualifiziert wurde.

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14 Kommentare

    • Hallo Beate, alle hier genannten Athletinnen sind nicht mehr im Profisport aktiv, außer Anne Haug. Sie haben wir deshalb mit aufgenommen, weil sie sich als erste deutsche Ironman-Weltmeisterin in die Geschichtsbücher des Triathlons eingetragen hat. Das soll die Leistungen von Daniela Ryf keinesfalls schmälern.

    • Was ist der Sinn, stets dann diese Trivialität zu wiederholen, dass einige Frauen besser sein können (!) als Männer, wenn es darum geht Leistungen von Frauen zu würdigen? Es übertreffen wohl bei jedem beliebigen Langdistanzrennen etliche Frauen einen Großteil, wenn nicht die Mehrheit der angetretenen Männer. So ein Vergleich setzt aber unnötigerweise wieder Männer und Frauen künstlich in Konkurrenz, wo eigentlich keine ist (oder sein sollte, es sei denn, man trägt tatsächlich gemischte Rennen aus).
      Und Astrid Benöhr scheint diesbezüglich auch eher eine zweifelhafte Zeugin zu sein: Zitat aus Wikipedia (entsprechend ohne Gewähr):
      „Bei vielen absolvierten Rennen über die sogenannten „Ultradistanzen“ gab es in den 90er Jahren keine offizielle Rundenzählung, Zeitmessung oder Dopingkontrollen. Bei den von Benöhr in Luckau und Kerpen absolvierten Veranstaltungen in den 90er Jahren handelte es sich nicht um Wettkämpfe. Sie trat alleine ohne Gegner, Wettkampfleitung, Wettkampfrichter oder Kontrollen an. Die Betreuung ergab sich aus den Personen ihres familiären Umfelds. Die von Benöhr aufgestellte These, sie sei noch schneller als die Männer gewesen, lässt sich nicht belegen und ist unter Berücksichtigung von Ergebnislisten anderer Veranstaltungen zu verneinen. Diese Aussage hat sie über die Boulevardpresse bekannt gemacht.[8][9][10] Vergleicht man ihre Ergebnisse mit denen von offiziellen Ultrawettkämpfen in Almere, Roth und Hawaii ist sie weder in der Gesamtwertung noch bei den Frauen in der Spitze anzusiedeln. Beim DecaTriathlon in Monterrey, Mexico 1998 wurde sie von verschiedenen Zeugen beobachtet, wie sie nachts auf der Laufstrecke unerlaubt abgekürzt hatte. Sie wurde daraufhin von der Wettkampfleitung disqualifiziert.“
      Das lässt sie mMn nur sehr eingeschränkt als Kandidatin für die Top Ten der Vorbilder aussehen.

  1. Frank Wechsel kommentierte hier kürzlich, dass „Triathlon“ schon immer „gleichberechtigt“ über Männer und Frauen berichte, und zwar trotz deutlich größerem Leser-Interesse an Männern.
    Mal abgesehen von der damit festgestellten Benachteiligung von Männern, frag ich mich: Wieso also noch so ein Extra-Jubel-Artikel speziell für Frauen anlässlich des „Frauentages“? (Vergleichbares zum „Internationalen Männertag“ – 19. November – habe ich hier übrigens noch nicht gesehen.)
    Und es fällt keinem in der Redaktion auf, dass solche Artikel nur immer weiter die Vorstellung aufrecht erhalten, dass Frauen ohne Vorzugsbehandlung nicht klar kämen? (Daniel Ryf ist oder war mal Preisgeld-Rekordhalterin bei Männern u n d Frauen…)

        • Die vermehrte Berichterstattung über Frauensport im Allgemeinen trägt dazu bei, dass es hoffentlich in Zukunft eben zu einer Gleichberechtigung in der Verteilung von Sendezeiten, Start- und Sponsorengelder, etc. kommt. Diese Gleichstellung gab es gerade in der Vergangenheit eben nicht und ist bei weitem nicht auf dem Level, auf dem diese sein sollte. Das liegt insbesondere an alteingesessenen Gewohnheitsmustern und diese Muster kann man durchaus durch erhöhten Fokus auf Events aus dem Frauensport aufbrechen, zumal dem Männersport immernoch deutlich mehr Aufmerksamkeit zukommt, sowohl in Form von Artikeln, als auch in der Liveübertragung – insbesondere in anderen Sportarten.

          Manche Männer, fühlen sich wohl dadurch angegriffen und veröffentlichen ihren Unmut und ihren Frust dann hier oder auf Facebook…

          Vllt solltest Du gelassener werden oder die Artikel, welche Dir zu Frauenlastig sind einfach überspringen😉 Cheers!

          • Gleichberechtigung und Gleichstellung sind zwei unterschiedliche Dinge.
            Gegen Gleich b e r e c h t i g u n g finde ich nichts zu sagen. Und insbesondere im Triathlon wüsste ich auch kein Beispiel, dass sie nicht schon von Anfang gegeben war und ist, und dass Frauen in irgendeiner Weise weniger oder geringere Rechte hätten.
            Gleich s t e l l u n g – so wie sie meist und auch von dir eingefordert wird – lehne ich demgegenüber als schlicht ungerecht ab. Wenn der Frauenanteil bei Wettkämpfen um die 20% dümpelt, wenn Frauen meist deutlich weniger Energie, Zeit, Interesse, Geld – sowohl als Athlet als auch als Zuschauer – für den Sport aufbringen, sind weniger Sendezeiten, Start- und Sponsorengelder nur logisch und völlig angemessen.
            Begeisterte Artikel über Frauen und ihre Leistungen sind überhaupt kein Problem. Problematisch ist, wenn, wie hier und in immer mehr Artikeln, mit eingestreuten und eingebauten Botschaften eine unangemessene und spaltende Sicht der Dinge verbreitet wird. Noch habe ich die Hoffnung, dass sich nicht auch noch in der Triathlon-Welt – und sei es unabsichtlich – Männer und Frauen gegeneinander aufbringen lassen.

            Und ansonsten: „Manche Männer …“? „Vllt solltest Du …“?
            Auweia. Aber passt schon. Wer sich so schnell fremdschämt, hat halt Schwierigkeiten mit der Sachebene. 😉

            Gute Nacht

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Anna Bruder
Anna Bruder
Anna Bruder wurde bei triathlon zur Redakteurin ausgebildet. Die Frankfurterin zog nach dem Studium der Sportwissenschaft für das Volontariat nach Hamburg und fühlt sich dort sehr wohl. Nach vielen Jahren im Laufsport ist sie seit 2019 im Triathlon angekommen und hat 2023 beim Ironman Frankfurt ihre erste Langdistanz absolviert. Es war definitiv nicht die letzte.

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