Mittwoch, 6. November 2024

Chelsea Sodaro holt ersten US-Sieg bei Ironman-WM seit 26 Jahren

Frank Wechsel / spomedis Neue Ironman-Weltmeisterin: Chelsea Sodaro gewann bei ihrem ersten Rennen auf Hawaii den Titel.

Chelsea Sodaro hat für eine Überraschung gesorgt und sich bei der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii nach einem spannenden Rennen in 8:33:46 Stunden den Titel gesichert. Damit schaffte die US-Amerikanerin als Hawaii-Rookie nach Chrissie Wellington 2007 wieder einen Premierensieg auf der Pazifikinsel und beendete zugleich eine 26 Jahre währende Durststrecke der Lokalmatadoren. Der letzte Ironman-WM-Titel einer US-Amerikanerin datierte zuvor aus dem Jahr 1996 mit dem insgesamt achten Titel von Paula Newby-Fraser. Dabei sorgte Sodaro mit einem überragenden Marathon in 2:51:45 Stunden für die Entscheidung – und die viertschnellste Laufzeit der Profifrauen in der Geschichte des Ironman Hawaii. Für die 33-Jährige war es nach ihrem Debüt im Juni in Hamburg, bei dem sie Zweite hinter Laura Philipp wurde, erst der zweite Ironman. Im Duell um Rang zwei wehrte sich Lucy Charles-Barclay auf der Laufstrecke lange gegen die aufholende Anne Haug und rettete letztlich Silber ins Ziel. Mit 8:41:37 Stunden lag die Britin am Ende 45 Sekunden vor der Ironman-Weltmeisterin von 2019 (8:42:22 Stunden) und sicherte sich zum insgesamt vierten Mal Rang zwei in Kailua-Kona. Titelverteidigerin Daniela Ryf kam als Achte nach 9:02:26 Stunden ins Ziel.

Lucy Charles-Barclay bestimmt das Schwimmen

Keine Überraschung hatte es dagegen zuvor beim Schwimmen gegeben: Ein paar kräftige Züge, eine hohe Frequenz und schon hatte Lucy Charles-Barclay früh einen sichtbaren Vorsprung vor den Verfolgerinnen. Hinter der Britin sortierten sich bei relativ ruhigen Wasserbedingungen zwei aussichtsreiche Gruppen. Die erste, angeführt von der US-Amerikanerin Lauren Brandon, hielt einen Abstand von rund 20 Sekunden, die zweite, in der die Mitfavoritinnen Daniela Ryf, Laura Philipp und Anne Haug mitschwammen, konnte das hohe Tempo der Spitze zunächst nicht mitgehen und fiel zurück.

- Anzeige -
Als Hawaii-Rookie sicherte sich Chelsea Sodaro mit einem überragenden Marathon in 8:33:46 Stunden den Ironman-Titel auf Hawaii. Hinter der 33-Jährigen kam Lucy Charles-Barclay als Zweite ins Ziel. Anne Haug wurde vor Laura Philipp Dritte.
Frank Wechsel / spomedis Vor dem Start: Anne Haug (links) belauert Daniela Ryf (rechts).

Der Abstand pendelte sich zur Hälfte der ersten Disziplin bei rund sechs Minuten ein. Auf dem Rückweg zur ersten Wechselzone zog sich das Feld weiter auseinander. Aus zwei Verfolgergruppen wurden drei. Neben einzelnen Positionswechseln in den Gruppen gab Lucy Charles-Barclay vorn das Tempo vor, setzte sich noch ein bisschen ab und stieg nach 50:57 Minuten als erste Athletin aus dem Pazifik.

Frank Wechsel / spomedis First out of the water: Lucy Charles-Barclay

Hinter der mitfavorisierten Britin kam die vierköpfige Gruppe mit Lauren Brandon, der Australierin Rebecca Clarke, Pamella Oliveira aus Brasilien und der Britin Fenella Langridge nach 51:38 Minuten aus dem Wasser. Rund drei Minuten später führte die US-Amerikanerin Haley Chura sechs weitere Athletinnen in T1: ihre Landsfrauen Jocelyn McCauley, Sarah True, Chelsea Sodaro und Skye Moench, die Schwedin Lisa Nordén und die Australierin Sarah Crowley. Weitere drei Minuten später folgte eine große Verfolgergruppe mit unter anderem Anne Haug, Daniela Ryf, Laura Philipp und Daniela Bleymehl.

Laura Philipp erhält Fünf-Minuten-Strafe

Auf dem Rad schloss Fenella Langridge schnell auf Lucy Charles-Barclay auf. Die beiden Britinnen wechselten sich bei der Führungsarbeit ab und fuhren ein Tempo von mehr als 40 Kilometern pro Stunde im Schnitt. Hinter dem Duo reihte sich mit Lauren Brandon und Rebecca Clarke ein weiteres Zweiergespann ein. Die Gruppe mit Haug, Ryf, Philipp und Bleymehl lag nach 40 Kilometern bei wenig Wind auf der Radstrecke rund sechs Minuten hinter der Spitze. Aus dem Feld der insgesamt dicht aufeinander fahrenden Verfolgerinnen fielen nach rund 2:20 Stunden Rennzeit erst Sarah Crowley und dann auch Laura Philipp heraus, die beide eine Fünf-Minuten-Zeitstrafe in der Penalty Box aufgrund von Windschattenfahren absitzen mussten.

Frank Wechsel / spomedis Laura Philipp auf dem Queen Kaahumanu Highway

Philipp reihte sich nach 60 Kilometern und einem Rückstand von 9:47 Minuten auf Rang 18 wieder ein. Ein weiterer Rückschlag für die Deutsche folgte wenig später, als ihr bei einer Verpflegungsstation eine schon gegriffene Wasserflasche aus der Hand glitt und zu Boden fiel. Derweil kontrollierte Anne Haug in der zweiten großen Verfolgergruppe das Geschehen. Daniela Ryf konnte nicht davonfahren.

Penalty für weitere Athletinnen

Den Wendepunkt in Hawi erreichte Fenella Langridge als Erste direkt vor Lucy Charles-Barclay. Lisa Nordén folgte 1:40 Minuten später als Dritte, knapp vor Jocelyn McCauley, die beide unmittelbar nach dem Wendepunkt in die Penalty Box einbiegen mussten, um unterschiedlich lange Zeitstrafen abzubrummen. Wenig später folgte sogar noch die zu diesem Zeitpunkt hinter Chelsea Sodaro und Skye Moench Siebtplatzierte Rebecca Clarke, um eine Zwangspause einzulegen. Die Gruppe mit Anne Haug, Daniela Ryf, Sara Svensk und Daniela Bleymehl passierte Hawi mit einem Rückstand von 4:05 Minuten, konnte aber aufgrund der Zeitstrafen für die Konkurrenz einige Plätze gutmachen.

Frank Wechsel / spomedis Lucy Charles-Barclay führte das Rennen lange zusammen mit Fenella Langridge an, ehe sie kurz vor der zweiten Wechselzone auf dem Rad von Daniela Ryf überholt wurde.

Daniela Ryf fährt nach vorn

Circa 67 Kilometer vor T2 nutzte Daniela Ryf einen Anstieg für eine Attacke, um sich ein wenig von den beiden deutschen Athletinnen abzusetzen und anschließend auf McCauley aufzufahren. Die Schweizerin machte weiter Druck und hatte bald auch Moench und Sodaro im Blick, die sie nach 128 Kilometern kassierte. Das Spitzenduo hatte zu diesem Zeitpunkt nur noch einen Vorsprung von knapp 2:50 Minuten vor der WM-Titelverteidigerin aus St. George. Haug und Bleymehl hatten 30 Sekunden auf Ryf eingebüßt. Die Schweizerin drückte das Gaspedal weiter nach unten, lag bei der Zeitmessung nach 142 Kilometern nur noch 1:39 Minute hinter dem führenden Britinnen-Duo. Hinter McCauley, Sodaro und Moench folgte Anne Haug auf Rang sieben mit Sara Svensk im Schlepptau mit einem Rückstand von 3:25 Minuten auf die Spitze – und damit rund 1:45 hinter Ryf. Daniela Bleymehl hatte unterdessen Probleme bekommen und als Neunte (4:41 Minuten zurück) ihre Konkurrentinnen ziehen lassen müssen. Laura Philipp hielt ihren Rückstand auf die Spitze mit 9:14 Minuten konstant.

Haug wechselt als Siebte in die Laufschuhe

Nach 173 Kilometern und 5:24 Stunden Rennzeit war es soweit: Daniela Ryf übernahm die Führung von Lucy Charles-Barclay. Anne Haug, von der die Schweizerin vor dem Rennen gesagt hatte, sie wolle keinesfalls mit der Deutschen zusammen auf die Laufstrecke gehen, hatte Ryf mittlerweile auf 4:20 Minuten distanziert. Die Titelverteidigerin kam nach einer Radzeit von 4:36:11 Stunden – dem zweitschnellsten Bikesplit der Hawaii-Historie –  als Erste in die zweite Wechselzone, sieben Sekunden vor Lucy Charles-Barclay. Mit einer Hypothek von 5:36 Minuten wechselte Anne Haug als Siebte in die Laufschuhe. Ein Rückstand, der für die starke Läuferin nicht uneinholbar schien. Hinter Daniela Bleymehl als Zehnte (7:17 Minuten Rückstand), die auf dem Rad überhitzte und später das Rennen wie Jenny Schulz vorzeitig beenden musste, ging Laura Philipp als Elfte mit 9:15 Minuten Rückstand auf die Laufstrecke.

Chelsea Sodaro pflügt durch das Feld

Beim Marathon ging es sofort in die Vollen, als Lucy Charles-Barclay die Führung von Daniela Ryf auf den ersten Metern zurückeroberte und die Schweizerin distanzierte. Weiter hinten im Feld legte Chelsea Sodaro eine offensive und starke Laufperformance mit einer Pace hin, für die sich zunächst eine Marathonzeit von 2:42 Stunden prognostizieren ließ. Die US-Amerikanerin schob sich nach fünf Kilometern an Fenella Langridge vorbei auf Rang drei, um knapp zwei Kilometer später erste Verfolgerin von Lucy Charles-Barclay zu werden, als sie die mit Problemen kämpfende Daniela Ryf überholte.

Frank Wechsel / spomedis Jan Frodeno volunteert beim Frauenrennen des Ironman – und reichrt Anne Haug die Wasserbecher an.

Anne Haug startete unterdessen ihre Aufholjagd, ließ nach knapp acht Kilometern erst Lisa Nordén und zwei Kilometer später deren Landsfrau Sara Svensk förmlich stehen. Sodaro übernahm schließlich die Führung, während Ryf weiter zurückfiel und auch Fenella Langridge und schließlich Anne Haug passieren lassen musste. Die Deutsche schnappte sich nach knapp 16 Kilometern und 6:49 Stunden Rennzeit Podiumsplatz drei von Fenella Langridge und schickte sich an, weiter nach vorn zu laufen. Für Lucy Charles-Barclay ging es zu diesem Zeitpunkt darum, Rang zwei vor Anne Haug zu verteidigen.

Frank Wechsel / spomedis Anne Haug ließ auf der Radstrecke viele Körner, Rang drei war am Ende „alles, was drin war“.

Laura Philipp arbeitet sich auf Rang vier vor

Chelsea Sodaro zeigte beim Marathon keine Schwäche, ließ die zweite Hälfte allerdings etwas langsamer angehen. Konstant lief sie ihre Geschwindigkeit, distanzierte die zweitplatzierte Britin und baute den Vorsprung auf Anne Haug, die zwischenzeitlich nähergekommen war, wieder aus. Mittlerweile arbeitete sich Laura Philipp auf der Laufstrecke durch das Feld und schob sich bis auf Position vier vor. Während das Ziel immer näher rückte, Sodaro ganz vorn das Tempo bestimmte und ungefährdet zum Sieg lief, entwickelte sich ein spannendes Duell um Rang zwei, bei dem Lucy Charles-Barclay auf den letzten Kilometern den Atem von Anne Haug im Nacken spürte, aber kontern konnte und mit 45 Sekunden Vorsprung durch den Zielbogen kam.

Frank Wechsel / spomedis Laura Philipp auf der Straße zum Natural Energy Lab.

„Rang drei war alles, was drin war“

„Ich hätte Anfang des Jahres nicht gedacht, dass ich hier sein würde“, sagte Lucy Charles-Barclay nach ihrem zweiten Platz. Auf der Strecke habe sie sich in Erinnerung gerufen, niemals aufzugeben. „Ich bin geduldig geblieben und habe an mich selbst geglaubt.“ Anne Haug erklärte nach ihrem insgesamt vierten Ironman-WM-Podiumsplatz: „Ich habe auf dem Rad viel Pulver verschossen. Auf der Laufstrecke haben die Zuschauer dann gerufen, dass Lucy direkt vor mir ist und versucht mich zu motivieren. Ich habe sie gesehen – aber ich konnte nichts mehr machen. Wenn man die ganze Zeit 20 Sekunden hinter jemandem herrennt, ist das mental anstrengend. Es war brutal und alles, was drin war. Ich bin sehr glücklich mit Rang drei. Chelsea war überragend heute und hat den Sieg verdient.“

Frank Wechsel / spomedis Das Podium der Ironman-WM 2022 in Kailua-Kona: Lucy Charles-Barclay, Chelsea Sodara und Anne Haug.

Ironman-Weltmeisterschaft Hawaii 2022 | Profi-Frauen

6. Oktober 2022 | Kailua-Kona (Hawaii/USA)
PlatzNameNationGesamtzeit3,8 km Swim180 km Bike42,195 km Run
1Chelsea SodaroUSA8:33:4654:484:42:082:51:45
2Lucy Charles-BarclayGBR8:41:3750:574:43:123:02:49
3Anne HaugGER8:42:2257:584:41:492:57:57
4Laura PhilippGER8:50:3157:544:45:273:01:33
5Lisa NordénSWE8:54:4354:424:42:253:12:41
6Fenella LangridgeGBR8:56:2651:424:43:253:16:30
7Sarah CrowleyAUS9:01:5854:504:55:033:06:56
8Daniela RyfSUI9:02:2657:524:36:113:23:45
9Skye MoenchUSA9:04:3154:524:44:363:19:38
10Laura SiddallGBR9:07:4958:094:46:583:17:34
23Laura ZimmermannGER9:37:231:04:515:05:303:20:39
26Elena IlleditschGER9:47:361:04:085:19:183:18:02
27Kristin LiepoldGER9:55:231:15:035:24:553:09:26

Die Zeitschrift im Abo

Jeden Monat erscheint eine neue Ausgabe der triathlon – 100 Seiten voll spannender Geschichten, Interviews, Trainingsthemen und mehr. Im Jahresabo immer pünktlich in deinem Briefkasten!

Fehler gefunden? Bitte teile uns hier mit, was wir verbessern können!

Für öffentliche Kommentare und Diskussionen nutze gern die Funktion weiter unten.

Tauche ein in die spannende Welt von triathlon+ und erfahre mehr Hintergründe, mehr Service und mehr Triathlonerlebnis!

Monatsabo

9,95 -
Jetzt mitmachen bei triathlon+
  • volle Flexibilität
  • € 9,95 pro Monat
  • monatlich kündbar
Empfehlung!

Jahresabo

89,95 -
Größte Ersparnis bei triathlon+
  • Mindestlaufzeit 12 Monate
  • danach monatlich € 9,95
  • nach 1 Jahr monatlich kündbar
- Anzeige -

19 Kommentare

  1. Ein tolles Rennen, spannend von der ersten bis zur letzten Minute. Super finde ich auch, dass es zum ersten Mal ein reines Frauenrennen der Spitzenklasse war und dann auch komplett übertragen und moderiert wurde.

    Zeitstrafen waren ein viel größeres Thema als sonst (insbesondere ganz vorne) obwohl es zumindest in der TV Übertragung nicht so wirkte als sein unfairer als in den Vorjahren gefahren worden. Für die Transparenz und Nachvollziehbarkeit wäre es sicher sehr hilfreich, wenn die Kampfrichter Kameras (z.B. eine Actioncam nach vorne und eine nach hinten) an ihren Motorrädern hätten …nicht nur in Hawaii. Dann müsste man im Nachhinein nicht immer ohne Datengrundlage diskutieren. …ja, ich weiß, dass es mit dem RaceRanger-System Ideen gibt noch genauer zu tracken, das alle regelkonform fahren, aber bisher scheint das System noch schlicht zu teuer.

  2. Gratulation an eine sehr sympathische Siegerin. Tolles Rennen und ich fand den Fokus auf die Profi Frauen klasse, auch wenn ich ansonsten sehr kritisch mit der starken Vermarktung von Ironman geworden bin über die Jahre. Sehr schade auch für die ebenfalls sehr nette Laura. Ich hatte auch schon diversen Ärger mit Schiris, ausschließlich bei Ironman Rennen und kann ihren Ärger gut verstehen.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Bengt Lüdke
Bengt Lüdke
Bengt-Jendrik Lüdke ist Redakteur bei triathlon. Der Sportwissenschaftler volontierte nach seinem Studium bei einem der größten Verlage in Norddeutschland und arbeitete dort vor seinem Wechsel zu spomedis elf Jahre im Sportressort. In seiner Freizeit trifft man ihn in Laufschuhen an der Alster, auf dem Rad an der Elbe – oder sogar manchmal im Schwimmbecken.

Verwandte Artikel

triathlon talk mit Sebastian Kienle: Hawaii und Hyrox

Knapp eine Woche ist die Ironman-WM der Männer auf Hawaii nun her. Sebastian Kienle und triathlon-Redakteur Jan Grüneberg analysieren das Rennen und sprechen über die nächsten Pläne des Weltmeisters von 2014 – denn es ist Raceweek!

Die DNF-Quote der WM: Jeder fünfte Profi gab beim Ironman Hawaii auf

Während die DNF-Quoten bei den Agegroupern in den vergangenen Jahren so niedrig sind wie schon lange nicht mehr, steigt die der Profis an. Was könnten die Gründe sein?

ePaper | Kiosk findenAbo

Aktuelle Beiträge