Es war nicht nur die Entfernung an sich, die den Weg von Jonas Deichmann bei seinem Triathlon rund um die Welt nach Mexiko lang erscheinen ließ. Rund 14.000 Kilometer musste der Abenteurer von Wladiwostok aus zurücklegen, bis er endlich in Tijuana ankam. Dem Startpunkt seiner 5.000 Kilometer langen Laufstrecke quer durch Mexiko. Zuvor allerdings war es einmal mehr abseits des eigentlichen Abenteuers auf Deichmanns Organisations- und Verhandlungsgeschick angekommen. Segelboote für eine Pazifiküberquerung gab es in der russischen Hafenstadt nicht, Frachtschiffe waren aufgrund der Corona-Einschränkungen tabu. Blieb nur der Luftweg. Nach schier endloser Wartezeit schaffte es Deichmann kurz vor Ablauf seines Visums am 15. Juni nach Mexiko. Mittlerweile ist er in Laufschuhen bereits unterwegs in die Wüste der Halbinsel Baja California.
Last-Minute-Flug war für den Abenteurer einzige Option
„Letzte Woche ist extrem viel passiert“, resümiert Deichmann. Ein Last-Minute-Flug war die einzige Option, gen Osten nach Mexiko zu kommen. Der Weg füchrte ihn über Tokio nach Mexiko-Stadt und von dort aus zurück nach Tijuana. „Es war brutal schwierig, diesen Flug zu bekommen. Die Airline wollte mich erst nicht mitnehmen und hat mir zunächst den Flug gecancelt. Das Risiko, dass ich in Japan stecken bleiben könnte, war denen erst zu hoch“, berichtet Deichmann. „Man darf zwar in Tokio Transit machen, aber Mitternacht macht der Flughafen zu. Dann muss man raus, aber man darf ja gar nicht raus, weil man nicht einreisen darf. Eine schwierige Situation, die ich nicht austesten wollte. Ich musste in Wladiwostok ohnehin drei Tickets kaufen, weil kein durchgehendes Ticket angeboten wurde.“
Deichmann: „Ich war äußerst nervös“
Der Kauf der Tickets bedeutete aber nicht den automatischen Antritt der Reise. „Ich musste am Flughafen Wladiwostok eine Stunde lang verhandeln, bis ich meine Bordkarte am Check-in erhalten habe. Die Mitarbeiterin dort hat so ziemlich jeden angerufen, der damit irgendetwas zu tun hat. Sie wollte sicherstellen, dass ich an Bord darf. Ich war äußerst nervös. Danach ging aber alles gut. In Tokio bin ich am Gate persönlich von jemandem abgeholt worden, der mich über den Flughafen geführt hat. Der war übrigens menschenleer. Es ist niemand unterwegs derzeit. Auf der Anzeigetafel waren vier Flüge für den ganzen Tag aufgelistet.“
Jetlag erwischt Deichmann nach der Ankunft
Deichmann bekam seinen Anschlussflug und reiste in der Zeit zurück. „Durch die Verschiebung bin ich früher in Mexiko-City angekommen als ich in Tokio losgeflogen bin. Da hat mich der Jetlag erstmal richtig erwischt. Ich habe mir am ersten Tag Mexiko-City angeguckt. Wirklich schön. In Mexiko ist alles bunt, mit lauter Musik und gutem Essen. Es macht Spaß.“ Tags darauf ist er nach Tijuana geflogen.
An der Grenzstadt zu den USA hat Deichmann seinen Trailer entgegengenommen und aufgebaut, mit dem er auf der Laufstrecke sein Equipment und Verpflegung hinter sich herzieht. „Am nächsten Morgen ging es sofort los, direkt an der Grenzmauer zu den USA. Der Trump hat dort ein riesiges Ding hingebaut. Am Strand gibt es eine durchgehende hohe Mauer, darüber kreisen die Hubschrauber – es war ziemlich schockierend, das zu sehen“, berichtet Deichmann, der zwei Meter von den USA – seiner eigentlich ersten Wahl für die Durchquerung des amerikanischen Kontinents – entfernt startete und am Dienstag auch gleich seinen ersten Marathon absolvierte.
Die Beine schmerzen nach den ersten Tagen
„Immer den Highway Number One entlang an der Pazifikküste mit spektakulärer Aussicht. Die ersten 15 Kilometer ist Leonardo, ein Einheimische mitgelaufen, der mich auch zum Mittagessen zu sich nach Hause eingeladen hat. Nachmittags lief es erst ganz gut. Die letzten zehn Kilometer habe ich aber in den Beinen gemerkt, dass ich sieben Monate nicht mehr gelaufen bin. Von der Ausdauer her ist das kein Problem, aber die Beine haben ein bisschen geschmerzt.“
„Die Lebensfreude der Mexikaner ist spürbar“
Die Umgewöhnung vom Fahrradfahren dauerte ihre Zeit. „Ich konnte teilweise kaum loslaufen, ich bin richtig gehumpelt. Aber die ersten Minuten sind immer die schlimmsten, danach geht es. Ich bin trotzdem wieder einen Marathon gelaufen, hatte aber abends brutale Schmerzen.“ Um die körperlichen Strapazen erträglicher erscheinen zu lassen, gönnt sich Deichmann in der Anfangsphase seiner Laufstrecke mexikanischen Genuss. Bars, Restaurants, gutes Essen, Kokosnüsse am Straßenrand und Musik. „Die Lebensfreude der Mexikaner ist spürbar“, betont Deichmann, der am Freitag zunächst von einem Schweizer begleitet wurde, der als Weinbauer in Mexiko lebt. „Er hatte ein edles Tröpfchen mitgebracht, das wir in der Mittagspause getrunken haben. Ein echter Motivationstropfen, danach lief es richtig locker“, berichtet Deichmann, der am Ende des Tages Rückenprobleme bekam und seinen 20 Kilogramm schweren Anhänger zeitweise nicht mehr hinter sich herzog, sondern vor sich herschob.
Mit Ensenada passierte Deichmann die letzte große Stadt in Baja California. „Ab Montag geht es dann in die verlassene Wüste.“
Jonas Deichmann berichtet auf tri-mag.de regelmäßig von seinem Triathlon rund um die Welt. Weitere Informationen zu seinen bisherigen Abenteuern sowie ein Livetracker zu seinem Triathlon rund um die Welt finden sich auf seiner Website jonasdeichmann.com.