Dienstag, 11. Februar 2025

Die fünf größten Lauf-Irrtümer

Die Laufschuhe von Jan Frodeno beim Ironman Hawaii 2019
spomedis

Irrtum 1: Wer wenig Zeit hat, muss schneller laufen

„Ich habe heute weniger Zeit, darum laufe ich einfach schneller.“ Diesen Satz hört man nicht gerade selten. Im schlimmsten Fall macht man sich damit aber sein komplettes Training kaputt. Denn jede Einheit verfolgt im Normalfall ein klares Ziel und hat eine dementsprechende Vorgabe, an die man sich halten sollte. Wer beispielsweise seinen 60-minütigen GA1-Dauerlauf aus zeitlichen Gründen auf 40 Minuten reduzieren muss, sollte dennoch im gleichen und vorgesehenen Intensitätsbereich trainieren und nicht aus dem geplanten Dauerlauf durch viel zu starke Tempoverschärfungen einen Tempo­dauerlauf machen. Der physiologische Trainingsreiz ist dabei nämlich ein komplett anderer, außerdem wird die Erholung deutlich länger dauern und ­geplante Folgeeinheiten, die wirklich hart sein sollen, können aufgrund der Ermüdung nicht vernünftig durchgeführt werden. Deshalb sollte man sein Trainingsziel vor der jeweiligen Einheit kennen und unbedingt daran festhalten, selbst wenn das Training an einigen Tagen mal etwas kürzer ausfallen muss. Bei Intervalleinheiten mit wenig Zeit kann man zum Beispiel ­als ­Anpassung die geplante ­Anzahl der Wiederholungen reduzieren. 

Irrtum 2: Fettverbrennung setzt erst nach 30 Minuten ein

Ein weit verbreiteter Irrtum, der bereits vor einiger Zeit widerlegt werden konnte. Mittlerweile weiß man, dass die Stoffwechselprozesse im Körper parallel ablaufen, weshalb auch häufig davon gesprochen wird, dass „Fette im Feuer der Kohlen­­­hydrate verbrennen“. Demnach beginnt die Fettverbrennung – genau wie die Verstoffwechselung von Kohlenhydraten – direkt beim Start eines Laufs und nicht erst ab einem bestimmten Zeitpunkt. Wie hoch der Anteil der Fettverbrennung im Verhältnis zum Verbrauch von Kohlenhydraten ist, hängt allerdings von der Intensität ab, mit der man den Lauf absolviert.

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Irrtum 3: Lauf-Abc-Übungen verbessern die Laufökonomie

Obwohl viele Athleten das Gegenteil glauben: Die Laufökonomie hat prinzipiell nicht viel mit der Lauftechnik zu tun. Dementsprechend wird sie auch nicht durch Lauf-Abc-Übungen beeinflusst oder gar verbessert. Denn die Laufökonomie bezeichnet den Sauerstoffverbrauch bei verschiedenen Intensitäten beziehungsweise Geschwindigkeiten. Es hat sich ­gezeigt, dass Sprungkrafttraining (­Plyometrie-Training), Maximalkrafttraining und Beinachsentraining (Gleichgewichtstraining) die Lauf­ökonomie verbessern können. Denn das Laufen an sich ist nichts anderes als die Aneinanderreihung von einbeinigen Sprüngen und Ständen. Je schneller man seinen Laufschritt ­stabilisiert und das Gleichgewicht wiederfindet, desto schneller kann man wieder Vortrieb generieren und damit Energie sparen. Wie energiesparend und ökonomisch jemand bei verschiedenen Geschwindigkeiten läuft, kann sich außerdem mit der Dauer einer Belastung verschlechtern. Deshalb gilt auch der Trainingsumfang in der dritten Disziplin als relevanter Faktor, der Einfluss auf die Laufökonomie nehmen und diese verbessern kann.

Irrtum 4: Krafttraining macht schwer und langsam

Wer sich mehr Muskulatur antrainiert, muss diese mit zusätzlichem Sauerstoff versorgen. Eine große Sorge, die viele Ausdauersportler haben, wenn es um das Thema Krafttraining geht. Oft ist diese Annahme der Grund dafür, dass Läufer und Triathleten komplett die Finger von klassischem Krafttraining lassen. Dabei stellt das (richtige) Krafttraining für einen Großteil von ihnen sicherlich eine Leistungsreserve in Bezug auf die Verletzungsprophylaxe und die Performance dar. Denn Krafttraining macht weder schwer noch langsam, wenn man es richtig durchführt. Und selbst beim Muskelaufbau bei Ausdauersportlern gilt: Es gibt einen Unterschied zwischen vortriebsrelevanter Muskulatur und dem Training von Muskelgruppen, die bei der geforderter Bewegung gar nicht beteiligt sind, welches deshalb weitestgehend vermieden werden sollte. Wer Maxi­malkrafttraining im Bereich der ­sogenannten „intramuskulären ­Ko­ordination“ (1–6 Wiederholungen) durchführt, bewirkt damit, dass er zwar stärker wird, ein Hypertrophie-­Effekt allerdings ausbleibt. Aber auch in Bezug auf klassisches Maximalkrafttraining lässt sich sagen, dass die vielen Ausdauerreize im Training bei Triathleten und Läufern die verhältnismäßig wenigen Reize des Maximalkrafttrainings überlagern und die ­Hypertrophie deshalb deutlich weniger ausgeprägt stattfindet. Die Körperstaturen der weltbesten Läufer, von denen nahezu alle Krafttraining mit schweren ­Gewichten durchführen, sprechen für sich.

Irrtum 5: Viel hilft viel

Ein Klassiker unter den Trainingsfloskeln im Ausdauersport: „Viel hilft viel“. Ist zwar nicht ganz verkehrt, allerdings auch nur die halbe Wahrheit. Denn meistens ist damit ein umfangbetontes Training ­gemeint, das nahezu ausschließlich im lockeren Bereich stattfindet und als Ziel hat, möglichst viele Kilometer zu absolvieren. Mit dieser Trainingsweise lassen sich zwar durchaus Verbesserungen erzielen, aber natürlich gehören Variationen in den Intensitätsbereichen und in der Dauer der Einheiten zu einer optimalen Trainingsplanung genauso dazu wie Intervalleinheiten, Tempodauerläufe, lange Läufe oder auch Sprints. Letztendlich ist die Variation im Training der wichtigste ­Faktor, da nur so alle wichtigen physiologischen und leistungsbestimmenden Faktoren trainiert und verbessert werden können. Der Umfang ist dafür natürlich nicht komplett irrelevant, viel wichtiger als stumpfes Kilometersammeln ist allerdings immer, woraus sich das Trainingsvolumen zusammensetzt. 

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Simon Müller
Simon Müller
Simon Müller ist selbst als ambitionierter Athlet unterwegs. 2022 wurde er Deutscher Meister auf der Kurzdistanz, 2019 qualifizierte sich bei seinem ersten Ironman in Mexiko mit einem AK-Sieg in 8:45 Stunden für den Ironman Hawaii. In seiner Brust schlägt neben dem Triathleten- auch ganz besonders ein Läuferherz. Simons Bestzeite über 10 Kilometer liegt bei unglaublichen 30:29 Minuten.

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