Laura Lindemann ist eine von drei Olympia-Starterinnen in Paris 2024. Auf tri-mag.de berichtet sie von ihrer Vorbereitung sowie den Höhen und Tiefen, die ihr auf dem Weg begegnen. Wie hat sich das Team um Lindemann im vergangenen Jahr entwickelt – und welchen Blick auf den Triathlonsport als Beruf hat Anne Haug ihr vermittelt?
Es ist meine dritte olympische Saison und ich bin schon mittendrin. Nach dem Trainingsstart in November in Potsdam ging es im Dezember ins Trainingslager nach Fuerteventura, im Januar nach Lanzarote und nun nach Namibia. Von dort fliege ich direkt zum ersten WTCS-Rennen nach Abu Dhabi. Es ist vieles anders in diesem Jahr und eigentlich doch nicht – wahrscheinlich fühlt es sich nur so an.
Neuer Coach und neues Team
Ich habe mich im Jahr 2023 von meinem ersten Triathlontrainer getrennt. Mit Ron Schmidt hatte ich meine größten sportlichen Erfolge in der Junioren- und U23-Zeit. Mit ihm wurde ich Achte im Olympiarennen in Tokio. Ich bin ihm extrem dankbar für seine Arbeit und ich weiß, dass diese Trennung nicht leicht für ihn war. Die hatte auch weniger mit ihm zu tun als mit der persönlichen Situation, in der ich mich befunden habe – ich musste einfach etwas ändern. Es war allerdings schon Mitte Mai und jeder hat mir davon abgeraten, diesen Schritt zu gehen. Ich hatte auch nur eine Idee, wen ich fragen würde, ob er mich betreuen würde – ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn er „Nein“ gesagt hätte. Umso dankbarer bin ich deshalb Dan Lorang, dass er sofort angeboten hat, mir zu helfen.
Mit ein paar Anrufen hat er ein Team um mich gebaut, von dem ich schnell gemerkt habe, dass es mich nicht nur auffängt, sondern weiter nach vorn bringt.
Der Beginn der Saison verlief von den Ergebnissen her, vorsichtig gesagt, nicht gut. Yokohama war eine Katastrophe und das Rennen in Cagliari beim Laufen auch. Aber ich habe von Beginn an, und auch durch diese Rennen, gemerkt, was anders und was besser für mich ist: Ich mache den Sport, weil ich ihn wirklich selbst will, weil er das ist, was mich jetzt und hier ausmacht, weil ich mal ganz oben stehen will, weil ich mal dominieren will.
Ich hatte in 2023 nur noch zwei wirkliche Ziele: ein gutes Hamburg-Rennen zu machen und die Qualifikation für die Olympischen Spiele. Und auch hier kann ich mich nur bei meinem Team um Dan, Hannes, Tobias und Tom bedanken: Es hat perfekt geklappt. In Hamburg gut zu performen, hat so einen Kick in der Motivation gebracht, dass ich wusste, dass das Testevent in Paris gut werden kann. Dort hat alles perfekt geklappt. Ich habe nicht alles riskiert und so war ich war mir sicher, in jeder Situation im Rennen reagieren zu können – vor allem hatte ich auch die Möglichkeit dazu. Das letzte Rennen der Saison lasse ich hier mal aus, da war ich im Kopf wohl schon im Urlaub.
Faszination Kurzdistanz
Nun also eine neue Chance bei Olympischen Spielen. Ich weiß, dass es im Triathlon eigentlich einen größeren Mythos gibt. Aber für mich jetzt, hier und heute, sind die Rennen auf der olympischen oder den kürzeren Strecken das Faszinierendste, was ich mir vorstellen kann.
Noch relativ neu für mich ist, dass ich mich nun eigentlich fast um alles selbst kümmern muss. Vor allem darum, wo und mit wem ich trainiere – aus der eng geführten Stützpunktgruppe bin ich ja mehr oder weniger raus. Zum Glück ist „meine kleine Schwester“ Jule Behrens nach ihrem schweren Unfall am Tag meiner Olympia-Quali wieder fast voll gesund und auch Julia Hauser aus Österreich begleitet mich seit ein paar Jahren gern im Trainingslager.
Im Januar sind wir nun also zum ersten Mal in den Club La Santa nach Lanzarote geflogen. Anne Haug hatte mich zu sich eingeladen, um bei ihr zu trainieren.
Ich habe ja eigentlich keine Vorbilder im Triathlon. Aber wenn, dann war es Anne Haug. Als ich mit dem olympischen Triathlon begonnen habe, war sie gerade in Deutschland mit Abstand die Beste und mein Ziel war es, einmal so gut zu sein wie sie. Und wir beide waren ja auch zusammen als einzige Deutsche bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio.
Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut – ich war noch nie auf Lanzarote und war auch gespannt zu sehen, wie Anne so lebt und trainiert. Und hier muss ich klar sagen: Wie hart man zu sich selbst sein kann, ist eine völlig neue Erfahrung für mich gewesen. Ich mache das jetzt zwar auch schon zwölf Jahre, aber von bei ihr habe ich noch mal einen ganz neuen Blick auf den „Beruf“ Triathlon bekommen. Das war schon faszinierend – vor allem, weil ihr Blick auf den Triathlonsport dann doch zum Teil ironisch ist. Trotz der Liebe dazu, das finde ich sehr erfrischend. Das ist eine Mischung aus absoluter Professionalität und sich gleichzeitig nicht so ernst zu nehmen.
Für mich waren die fast vier Wochen am Ende mental hart, weil dort außer dem Training nichts ist. Die Bedingungen für professionellen Sport sind aber im La Santa absolut top. Heute geht es nun in das dritte Trainingslager der Saison. Wie im vergangenen Jahr werde ich mit fast der kompletten Nationalmannschaft in Namibia sein. Stay tuned!