Einen kurzen Schockmoment erlebte die Kona-Küste wenige Tage vor dem Ironman Hawaii 2006 im wahrsten Sinne des Wortes, als ein Erdbeben die Region erschütterte und auch den Radkurs in Mitleidenschaft zog. Doch die Risse auf dem Queen Kaahumanu Highway waren schnell geflickt und so stand dem Showdown der besten Triathleten der Welt nichts mehr im Weg.
Eigentlich wollte Normann Stadler schon im Vorjahr seinen Sieg aus dem Jahr 2004 wiederholen, doch technische Probleme machten ihm einen Strich durch die geplante Titelverteidigung. Entsprechend motiviert reist Stadler 2006 nach Kona – und legte gleich in gewohnter Manier los: Sein Rückstand nach dem Schwimmen ist kleiner als je zuvor, auf dem Rad prescht er in 4:18:23 Stunden zum Streckenrekord. Im Alleingang, was er später noch betonen soll.
Macca läuft am schnellsten
Doch sicher sein kann sich Stadler trotz eines Zehn-Minuten-Vorsprungs vor dem Marathon nicht. Denn Mitfavorit Chris McCormack gilt als stärkster Läufer im Feld, der Australier kommt tatsächlich Schritt für Schritt näher – und läuft mit 2:46:01 Stunden Tagesbestzeit. Stadler behält die Nase vorn und gewinnt nach 8:11:56 Stunden mit 72 Sekunden Vorsprung vor McCormack. Vorjahressieger Faris Al-Sultan wird Dritter.
Normann Stadler jubelt im Ziel des Ironman Hawaii 2006. Den Siegerkranz links unten im Bild lehnt er unwirsch ab – ein Affront gegen die hawaiianischen Gebräuche, für den er sich später entschuldigen muss.
Ironman Hawaii 2006 | Männer
21. Oktober 2006 | Kailua-Kona, Hawaii (USA)Platz | Name | Land | Gesamt | 3,86 km Swim | 180,2 km Bike | 42,195 km Run |
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1 | Normann Stadler | GER | 8:11:56 | 0:54:05 | 4:18:23 | 2:55:03 |
2 | Chris McCormack | AUS | 8:13:07 | 0:53:51 | 4:29:24 | 2:46:02 |
3 | Faris Al-Sultan | GER | 8:19:04 | 0:53:36 | 4:29:37 | 2:50:44 |
4 | Rutger Beke | BEL | 8:21:04 | 0:54:35 | 4:33:33 | 2:48:16 |
5 | Eneko Llanos | ESP | 8:22:28 | 0:53:45 | 4:29:26 | 2:55:00 |
6 | Marino Vanhoenacker | BEL | 8:24:17 | 0:54:04 | 4:29:13 | 2:56:59 |
7 | Luke Bell | AUS | 8:24:26 | 0:53:57 | 4:29:34 | 2:56:55 |
8 | Cameron Brown | NZL | 8:25:22 | 0:53:55 | 4:29:26 | 2:58:05 |
9 | Chris Lieto | USA | 8:27:37 | 0:53:48 | 4:25:35 | 3:02:47 |
10 | Patrick Vernay | NCL | 8:28:13 | 0:54:36 | 4:36:12 | 2:52:48 |
Jones vor Ficker und Bentley
Das Rennen der Frauen sieht einen klaren Start-Ziel-Sieg der Australierin Michellie Jones. Die Zweite der Olympiapremiere von 2000 in Sydney setzt sich früh an die Spitze und feiert in 9:18:31 Stunden ihren ersten und einzigen Sieg auf Hawaii. Zweite wird mit über fünf Minuten Rückstand die US-Amerikanerin Desirée Ficker vor der Kanadierin Lisa Bentley. Titelverteidigerin Natascha Badmann finisht auf Platz 10.
Ironman Hawaii 2006 | Frauen
21. Oktober 2006 | Kailua-Kona, Hawaii (USA)Platz | Name | Land | Gesamt | 3,86 km Swim | 180,2 km Bike | 42,195 km Run |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Michellie Jones | AUS | 9:18:31 | 0:54:29 | 5:06:09 | 3:13:08 |
2 | Desiree Ficker | USA | 9:24:02 | 1:01:46 | 5:05:06 | 3:11:50 |
3 | Lisa Bentley | CAN | 9:25:18 | 1:01:31 | 5:10:32 | 3:08:54 |
4 | Gina Kehr | USA | 9:27:24 | 0:54:02 | 5:16:11 | 3:12:29 |
5 | Kate Allen | AUT | 9:30:22 | 0:59:48 | 5:10:34 | 3:14:51 |
6 | Kate Major | AUS | 9:31:53 | 1:01:34 | 5:08:24 | 3:17:46 |
7 | Joanna Lawn | NZL | 9:32:48 | 0:59:48 | 5:10:20 | 3:18:17 |
8 | Belinda Granger | AUS | 9:35:48 | 0:59:44 | 5:01:45 | 3:25:50 |
9 | Melissa Ashton | AUS | 9:38:22 | 0:59:46 | 5:10:42 | 3:22:37 |
10 | Natascha Badmann | SUI | 9:38:52 | 1:06:43 | 4:59:04 | 3:27:54 |
Das Jahr der großen und kleinen Konflikte
Von hawaiianischer Gelassenheit – dem berühmten Hang-Loose-Feeling – ist auf Hawaii in diesem Jahr stellenweise nicht viel zu spüren. Viele Athleten bemängeln den zu kleinen Mindestabstand beim Radfahren von sieben Metern. Die laschen Anti-Doping-Regularieren der World Triathlon Corporation sorgen für Kritik auch vieler nationaler Triathlonverbände, die zudem die Vergabe von Meisterschaften durch die WTC wie die Ironman-70.3-WM in Clearwater und die Ironman-EM in Frankfurt unterbinden will.
Und auch unter den Athleten sind die Meinungsverschiedenheiten nicht mit dem Erreichen der Ziellinie auf dem Alii Drive beendet. Zum Eklat kommt es am Abend nach dem Rennen: Schon unterwegs hatte Faris Al-Sultan seinem Landsmann Normann Stadler zugerufen, dass er unbedingt gewinnen solle, weil Chris McCormack den ganzen Tag auf dem Queen K im Windschatten verbracht habe. Als sich der Australier dann bei der Siegerehrung als Star inszeniert und angibt, doch der Beste gewesen zu sein, wird es Stadler zu viel. Der macht seinem Unmut über das Auftreten des Unterlegenen in einem Interview Luft, was McCormack und seinem Team nicht verborgen bleibt.
Auf der After-Race-Party am Abend zetteln die Australier einen Streit an, es kommt zu Wortgefechten und sogar Handgreiflichkeiten zwischen dem Sieger und dem noch einmal Geschlagenen, der daraufhin die Location verlassen muss.
Und wer weiß, vielleicht hat Chris McCormack ja genau aus dieser Situation die Motivation gezogen, 2007 als noch besserer Triathlet nach Kailua-Kona zurückzukehren …