Da ist er also, der Tag der Abreise. Am Ende kam er schneller als gedacht, wie immer. Aber das soll mich nicht davon abhalten, bereit für die Insel zu sein. Wobei sich die Frage stellt: Bin ich bereit? Ein ganzes Jahr darauf hingefiebert, die letzten Wochen waren durchgeplant und dennoch sieht der Trainingsplan nicht komplett grün aus. Zu viel steht hier und da an, Job und Familie müssen mehr oder weniger unter einen Hut gebracht werden und dann soll die Fitness am besten am 8. Oktober auf dem Siedepunkt sein.
Nicht alles nach Plan
Der Trainingsplan ist zwar nicht komplett grün und es sind auch ein paar lange Einheiten hinten heruntergefallen, aber dafür, wie die Saison verlaufen ist – eben nicht nach Plan –, bin ich mit dem aktuellen Stand zufrieden. Seit dem Wiedereinstieg in der zweiten Juliwoche hatte ich keine weiteren Ausfälle zu verbuchen. Die ersten zwei bis drei Wochen waren schon nervenaufreibend, wenn man seine alten Werte sieht und dann gefühlt bei null anfängt. Das Schöne dabei ist aber: Wenn Kontinuität in das Training kommt, dann sieht man die Verbesserung kommen. Im Schnitt liege ich wieder bei knappen zwölf Stunden Training in der Woche. Ob ich mehr trainieren wollte? Sicher, würde ich sehr gern, ich schaffe es zeitlich nur allzu oft nicht. Also versuche ich aus den zwölf Stunden das Maximum herauszuholen. Sodass ich eben für mich und meine kleine Welt am 8. Oktober an der Waterkant zum Pazifik stehen werde. Und ich weiß dann, dass ich vielleicht nicht so viel trainiert habe, wie viele andere um mich herum. Aber die nächsten 226 Kilometer werden meine sein, für die ich an diesem Tag alles gebe.
Respekt ist da
Wenn ich jetzt vorab schon die Athletenbilder bei Instagram sehe, dann bekomme ich Respekt davor, wie ich mit der Hitze klarkommen werde. Hier vor Ort in Hamburg ist mittlerweile der Herbst eingekehrt. Die letzten Einheiten morgens habe ich schon mit Handschuhen gemeistert und beim Radfahren ohnehin längst Arm-/Beinlinge übergestreift. Es war einfach zu nass. Das einzige, was hier vielleicht an die Bedingungen auf Hawaii herankam, war der Wind, der eine ordentlich steife Brise hatte. Ab morgen Abend dann also die 180-Grad-Wende. Temperaturen, die nicht mehr unter 20 Grad fallen, Luftfeuchte wie im Dampfbad und irgendwo dort drinnen bin ich, der versucht, sich an die Zeitumstellung und das Klima zu gewöhnen. Diese Vorstellungen habe ich. Sie nötigen mir Respekt ab, aber sie geben mir auch die Freude auf die Reise mit.
Das Ziel für den Tag X
Ich bin wirklich froh, dass ich in der Zwift Tri Academy bin. So musste ich mich vorab nur um den Flug kümmern und vor Ort wird alles nach Plan laufen. Ich habe also keinen Stress, noch einzukaufen oder zu kochen. Ich kann mich ganz und gar auf den Zeitplan verlassen und kann ansonsten die Insel und das Geschehen vor Ort in vollen Zügen genießen. Es ist auf jeden Fall ein Punkt auf der Habenseite, der auf das Punktekonto für den Tag X einzahlt. Ähnlich wie zur Leistungssportzeit als Ruderer, wenn ich mit der Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft war. Ganz anders ist allerdings die Ausgangslage oder der Wissensstand, wie man zu den Konkurrenten steht. Natürlich sind mir ein paar Namen von Athleten geläufig, die in meiner Altersklasse starten, allen voran Fritz Ferner.
99 Prozent der Konkurrenten unbekannt
Aber mindestens 99 Prozent des Feldes sind mir unbekannt. Früher kannte man seine Gegner, wusste, wie man innerhalb der Saison zu ihnen stand, bevor es in die WM-Vorbereitung ging, und konnte ungefähr einschätzen, auf wen man ein Augenmerk legen sollte. Das ist dieses Mal anders. Ich fahre für mein Empfinden als Unbekannter nach Hawaii, habe eine Langdistanz und zwei Mitteldistanzen in meinem Triathleten-Dasein absolviert und kenne zwei Athleten, die in meiner Altersklasse sehr wahrscheinlich schnell sein werden. Es wird auch anders sein, als bei meinem letzten Rennen bei der Challenge Almere, bei der zwar sehr starke Athleten am Starten waren, aber die Breite der Spitze ist auf Hawaii dann doch größer. Dennoch: Mein Ziel ist es, dass ich mit den ganzen Erinnerungen und dem Spaß, den ich dort wahrscheinlich haben werde, auch ein greifbares Andenken vom Rennen mit nach Hause nehmen kann. Deshalb ist mein gestecktes Ziel – und es wäre großartig, wenn es klappen würde –, dass ich mich unter den ersten fünf meiner Altersklasse platziere.
Zahlenspiele für Interessierte
Wenn ich jetzt meine Teildisziplinen betrachte, teile ich einfach mal mit euch die Zielzeiten, bei denen jeweils fünf bis zehn Minuten Spiel nach oben oder unter bestehen. Ich visiere eine Stunde Schwimmen und 4:30 Stunden Radfahren an und einen Marathon, den ich vielleicht in 3:10 Stunden meistern werde. Dabei ist keine Zeit in Stein gemeißelt, aber ein paar kleine Träume darf ich ja mit auf die Insel nehmen.
Ride on!
Kleine Anekdote zu einer Begegnung mit dem Autor dieses Beitrag. Bei einem 10-km-Volkslauf nach ca. 7 km, führend, überholt mich jemand. Kurzer Austausch: „Bist Du auch im 10-er-Rennen?“. Er: „Nein“ und lächelt. Ich: „Dann noch viel Spaß!“ und habe die Gelegenheit genutzt, mich dranzuhängen, um mich vom Zweitplatzierten zu lösen. Im Ziel – wir hatten unsere jeweiligen Rennen gewonnen: Gegenseitige Glückwünsche. Ich: „Du bist Triathlet, oder?“ (reine Vermutung, hatte keine Ahnung, dass ich schon mehrere Artikel von ihm gelesen hatte und er ein unfassbares Debut in Hamburg mit 8:12 hingelegt hatte). Haben ein bisschen gequatscht. Er war außerordentlich respektvoll und anerkennend in meiner Richtung – was ich bemerkenswert fand, da wir in deutlich unterschiedlichen Leistungsklassen unterwegs sind. Ein Trainingspartner von mir hat mich später darauf hingewiesen, „wer“ er ist:-). Ich freue mich, wenn sich die Wege wieder kreuzen – vielleicht auf einem Trainingslauf nach Hawaii. Viel Erfolg bei dem Abenteuer!