In Tirol finden am Sonntag die ETU-Mitteldistanz-Europameisterschaften statt. Im Rahmen der Challenge Kaiserwinkl-Walchsee kämpft die kontinentale Elite in Österreich um den Titel. Die Startliste ist prominent besetzt, unter anderem bei den Frauen mit der aktuellen Ironman-Weltmeisterin Anne Haug und Nicola Spirig, Olympiasiegerin von 2012, bei den Männern mit dem derzeit in starker Form auftrumpfenden Lokalmatador Thomas Steger, dem Schweizer Ruedi Wild oder dem Deutschen Frederic Funk, der zuletzt bei der Challenge St. Pölten ganz oben auf dem Treppchen landete.
Anspruchsvoller Radkurs
Der Kurs verspricht Abwechslung. Nach den 1,9 Kilometern Schwimmen im bis zu 25 Meter tiefen Walchsee am Fuße des Kaisergebirges geht es auf die anspruchsvolle Radstrecke. 90 Kilometer mit rund 1.200 Höhenmetern gilt es über zwei Runden zu absolvieren, mit kurvenreichen Abfahrten und schönen Anstiegen. Die 21,1 Kilometer lange Laufstrecke führt in vier Runden um den Walchsee.
Für Anne Haug war Österreich in diesem Jahr bereits ein gutes Pflaster. In St. Pölten siegte die 38-Jährige zuletzt bei ihrer Saisonpremiere mit einem starken Laufsplit. Nun kehrt sie in die Alpenrepublik zurück und will sich bei der Challenge Kaiserwinkl-Walchsee den ersten Meistertitel der Saison sichern. “Ich finde das Profil des Wettkampfs mit seiner sehr hügeligen Radstrecke spannend und denke, dass mir das gut liegen könnte”, sagte Haug zu tri-mag.de nach ihrem Erfolg in St. Pölten bereits mit Blick auf die Europameisterschaft.
Eine der größten Kontrahentinnen bei dem Wettkampf rund um den Walchsee wird die Schweizerin Nicola Spirig. Die Olympiasiegerin von 2012 hat mit ihren Siegen beim Challenge-Rennen auf Gran Canaria und beim Weltcup-Rennen in Lissabon in diesem Jahr bereits bewiesen, dass sie kurz vor ihrer fünften Teilnahme bei Olympischen Spielen in Tokio in extrem guter Form ist. Bei der Supersprint-EM in Kitzbühel am vergangenen Wochenende landete sie auf Rang vier. “Nicola ist eine der stärksten und vielseitigsten Athletinnen, die es gibt. Ich traue ihr alles zu und freue mich sehr, mich mit ihr messen zu dürfen”, sagte Haug. Aber auch die Spanierin Sara Perez Sala dürfte vorn zu erwarten sein. Die schwärmte zuletzt auf ihrem Instagram-Kanal über den anstehenden Wettkampf: „Wahrscheinlich der schönste Triathlon, den ich je gemacht habe.“
Uderstadt will beim Wettkampf Emotionen aufsaugen
Aus Deutschland stehen Laura Zimmermann, Jana Uderstadt, Svenja Thoes, Lena Berlinger, Anne Reischmann und Laura Jansen auf der Startliste – mit durchaus unterschiedlichen Ambitionen im Vergleich zu Haug. Für Jana Uderstadt ist es das erste Individualrennen seit fast zwei Jahren. Beim Ironman 70.3 Vichy am 24. August 2019 stand sie das letzte Mal an der Startlinie. Dazwischen lag noch ein Bundesliga-Wettkampf. „Ich will einfach mal wieder ein Rennen machen, Spaß haben und mich auf mich konzentrieren“, sagt die 25-Jährige. „Ich möchte wieder spüren und erleben, warum man Triathlon macht, die Emotionen aufsaugen. Wenn man Spaß hat, macht man meist auch ein gutes Rennen.“ Für Uderstadt, die sich angesichts von erst zwei Profirennen im Jahr 2019 noch als „Quasi-Neu-Profi“ bezeichnet, geht es auch darum, festzustellen, wo sie im Vergleich mit der Weltspitze um Haug und Spirig steht. „Es ist spannend, mal den direkten Vergleich in den einzelnen Disziplinen zu haben. Den Sieg werden die anderen aber vermutlich unter sich ausmachen.“ Immerhin: Uderstadt kennt das Rennen in Tirol, war dort schon zweimal am Start.
„Hoffe, dass aller guten Dinge drei sind“
Auch Laura Zimmermann war bereits zweimal auf der Strecke der Challenge Kaiserwinkl-Walchsee unterwegs. „Bisher hatte ich dort keine so guten Rennen. Aber ich hoffe, dass aller guten Dinge drei sind“, sagt die 30-Jährige, die vor dem Rennen noch einmal zwei Wochen zum Training im Schwarzwald war. „Natürlich ist das übergeordnete Ziel derzeit der Ironman Finnland, weil Frankfurt kein Profi-Damenrennen ist. Aber ich bin mir sicher, dass ich aus diesem Trainingsblock Stärke für Walchsee mitnehmen kann.“ Die technisch anspruchsvolle Radstrecke jedenfalls dürfte Zimmermann liegen. „In der Favoritenrolle sehe ich ganz klar Anne Haug. Ich werde mich auf mich konzentrieren und versuchen meine Leistung abzurufen. Dann werden wir sehen, was dabei herauskommt.“
Svenja Thoes erwartet wie viele andere einen Zweikampf zwischen Anne Haug und Nicola Spirig um den EM-Titel. „Dann werden wir mal schauen, was wir anderen Mädels aus den weiteren Platzierungen machen.“ Die 29-Jährige gibt zu: „Nach mehr als eineinhalb Jahren Rennpause sehe ich das Rennen als ersten Test des Jahres und bin super aufgeregt und nervös. Ich will mein Bestmögliches geben.“ Mit einem Augenzwinkern fügt Thoes hinzu: „Bei dem Rennen bin ich mein größter Gegner.“
14 deutsche Starter im Männerfeld des Wettkampfs
Bei den Männern geht bei der Challenge Kaiserwinkl-Walchsee neben unter anderem Thomas Steger, Ruedi Wild, dem Belgier Bart Aernouts und dem Italiener Giulio Molinari auch Frederic Funk an den Start. Er gehört zu einer 14-köpfigen Startgruppe aus Deutschland, die außerdem Ruben Zepuntke, Philipp Mock, Julian Erhardt, Malte Plappert, Marc Unger, Nicolas Mann, Simon Huckestein, Fabian Eisenlauer, Lasse Ibert, Jonas Hoffmann, Luca Heerdt, Marchelo Kunzelmann und Andreas Jung umfasst.
Challenge Walchsee für Funk das „Lieblingsrennen“
„Ich möchte auf jeden Fall an die Leistung von der Challenge St. Pölten anknüpfen“, betont Frederic Funk, der mit seinem Sieg in dem vorangegangenen Rennen gute Erinnerungen an Österreich hat. „Wenn ich das hinbekomme, möchte ich auch endlich am Walchsee ganz oben auf dem Podest stehen.“ 2018 und 2019 ist Funk als Zweiter bei dem Rennen, das unweit der Grenze und seiner Heimat steigt, denkbar knapp am Sieg vorbeigeschrammt. „Die Strecke kommt mir auf jeden Fall entgegen, ich kennen sie wirklich gut. Es ist mein Lieblingsrennen.“ Doch auch dem 23-Jährigen ist nicht entgangen, dass zumindest ein Lokalmatador ein heißer Siegkandidat und damit großer Konkurrent ist. „Thomas Steger besitzt derzeit eine brutale Form. Wegen der Kälte konnte er das in St. Pölten nicht zu hundert Prozent zeigen. Ich brauche auf jeden Fall genügend Vorsprung nach dem Radfahren, um am Ende vor ihm ins Ziel zu kommen. Beim Laufen gibt es im Triathlon momentan wohl niemanden, der schneller ist als er. Ich freue mich auf das Rennen.“