Das Wort „Trainingslager“ allein bringt meine Augen schon zum Leuchten. Seitdem ich 13 Jahre alt bin, findet ein Trainingslager seinen Platz im Jahr. Ich mag es sehr, an anderen Orten zu trainieren, neue Strecken zu erkunden und einfach etwas Abwechslung zu haben. Auch der Austausch mit anderen sportbegeisterten Menschen tut immer wieder gut, und schlussendlich stellt ein Trainingslager auch immer einen Zwischenschritt auf dem langen Weg zu einer Wettkampfsaison dar. In den letzten Jahren bin ich im Winter mindestens einmal in den Süden geflüchtet, meistens in das Sporthotel „Las Playitas“ auf Fuerteventura, wo man hervorragende Bedingungen zum Trainieren findet. Auch jetzt sind einige Profikollegen dort und die Bilder und Eindrücke lösen zugegebenermaßen auch ein Kribbeln in den Beinen aus: Jetzt „kurz/kurz“ in der Sonne zu radeln, wäre schon auch cool!
Winter Wonderland statt Sommergefühle
Ungefähr im September habe ich mir Gedanken zum Thema Trainingslager gemacht und mich aufgrund der Unsicherheiten, was Reisen betrifft, gegen einen Aufenthalt in der Wärme entschieden. Stattdessen fand ich Gefallen an der Idee ein Trainingslager im Engadin auszuprobieren. Da ich inzwischen in der Schweiz zuhause bin, war die Organisation um ein Vielfaches einfacher: Gleiches Land, gleiche Corona-Maßnahmen, Anreise mit dem Auto und im Notfall wäre man in drei Stunden wieder in der Heimat. Da ich bislang noch nie in der Höhe trainiert habe, war ich gespannt zu sehen, wie ich mich im Engadin fühlen werde, auch wenn es bei 14 Tagen Aufenthalt kein Höhentrainingslager im klassischen Sinn ist. Trotzdem erhofften mein Trainer und ich uns davon, ein paar Eindrücke sammeln zu können, die uns bei der Planung des nächsten Trainingslagers helfen werden.

Mit den beiden Schweizer Profitriathleten Imogen Simmonds und Fabian Dutli, die genau wie ich von Reto Brändli betreut werden, habe ich zwei super Trainingskollegen und Mitbewohner, mit denen die Tage wie im Flug vergehen. Unsere durch Corona notwendige “Bubble” wird nur für das Schwimmtraining von Kollege Jannik Schaufler aus dem hey Sports Team sowie von vier Kurzdistanzlerinnen von Swiss Triathlon erweitert, die zur gleichen Zeit wie wir im Hallenbad trainieren.
Durchgetaktet und vielseitig
Mein Tag hier beginnt morgens um 6.15 Uhr mit sämtlichen Messungen: HRV, Ruhepuls, Temperatur und Gewicht (alles messe ich auch zuhause), um neben des subjektiven Körpergefühls auch einige Daten zu sammeln, die Aufschluss über den Erholungszustand geben. Nach einem kleinen Frühstück startet unsere erweiterte Bubble um 7.30 Uhr mit dem Schwimmtraining im Hallenbad Ovavera. Dort bekommen selbst Morgenmuffel gute Laune, weil man direkt vom Wasser aus die Sonne über den verschneiten Bergen aufgehen sieht. Das mit der Sonne hat zugegebenermaßen in der ersten Woche noch nicht recht geklappt: In den ersten Tagen hat es fast ununterbrochen geschneit und sämtliche Wege, Loipen und Autos waren unter einer dicken weißen Schicht begraben. Im Laufe des Tages folgen dann üblicherweise ein bis zwei weitere Trainingseinheiten: Eine Mischung aus Langlauf, Rolle fahren, Athletik und Laufen. Athletik und Gymnastik verlegten wir, nachdem die Fitnessstudios schließen mussten, in unser multifunktionales Wohnzimmer. Vor allem zu Beginn des Trainingslagers bewegten wir uns bei allen Einheiten in niedrigen Intensitäten. Nach einigen Tagen hatten wir dann in ein paar Trainings kurze und intensive Belastungen von 30 bis 60 Sekunden mit langen Pausen. Insgesamt habe ich besonders an den ersten drei Tagen gemerkt, dass mich sämtliche Bewegungen auch im Alltag mehr zum Schnaufen bringen als gewöhnlich, seitdem fühle ich mich aber gut. Viel Schlaf in der Nacht, immer wieder Ruhephasen zwischen den Trainingseinheiten und regelmäßige Entlastungstage tun immer wieder gut! Schauen wir mal, wie es mir nach den beiden Wochen geht und welche Schlüsse wir langfristig daraus ziehen werden.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass mir bewusst ist, dass vermutlich nicht alle Leser und Leserinnen ein Trainingslager in der momentanen Situation nachvollziehen können – eine Meinung, die ich durchaus verstehen kann und um die ich mir immer wieder Gedanken gemacht habe. Aber für mich war dieses Trainingslager nun ein Mittelweg zwischen einerseits notwendiger Vorsicht, Rücksicht und Respekt gegenüber unseren Mitmenschen, andererseits aber auch, mich als Berufssportlerin weiterzuentwickeln und zu verbessern.