Freitag, 26. April 2024

Kampf der Kälte: So bleiben Hände und Füße beim Training warm

Photo by Martin Paldan | GripGrab Dick verschneite Straßen sind in den meisten Regionen hierzulande eher selten, empfindlich kalt kann es trotzdem werden.

Der menschliche Körper ist beeindruckend. Und pragmatisch. Er ist darauf ausgelegt, primär die lebenswichtigen Organe ausreichend mit Blut – und dadurch auch mit Wärme – zu versorgen. Bei Kälte bedeutet das, dass der Blutfluss in der Körpermitte im Fokus steht. Gefäße in Händen, Füßen, Armen und Beinen ziehen sich zusammen, das Blut fließt weniger stark in die Extremitäten. Das dürfte euch immer dann bewusst werden, wenn ihr bei niedrigen Temperaturen von einer Rad- oder eventuell auch Laufeinheit zurückkommt und Hände sowie Füße vor Kälte nicht mehr richtig spüren oder bewegen könnt. Hände und Füße besitzen weniger schützendes Fettgewebe und nur sehr kleine Muskeln, die kaum Wärme produzieren. Deshalb kühlen sie besonders schnell aus. Der kalte Fahrtwind auf dem Rad und die kälteleitenden Materialien von Lenker und Pedalen verstärken diesen Effekt zusätzlich.

Kälteempfinden ist individuell

Wer nicht das große Glück hat, sein Wintertraining zumindest anteilig in den sonnigen Süden verlegen zu können, wird sich mit der rauen Realität unserer Breitengrade auseinandersetzen müssen. Wie so vieles im Sport ist das Kälteempfinden jedes Athleten individuell. Auch im Vergleich zwischen Männern und Frauen gibt es Unterschiede. So frieren Männer weniger leicht, da sie für gewöhnlich mehr Muskelmasse besitzen, einen höheren Grundumsatz haben und dadurch mehr Wärme produzieren. Da die Haut von Männern zudem dicker und besser isoliert ist als bei Frauen, geben sie weniger Wärme ab. Darüber hinaus hängt es auch immer von unserer aktuellen Verfassung ab, was wir als kalt empfinden.

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Um die Extremitäten an kalten Tagen warm zu halten, reicht die mögliche Palette von handelsüblichem Equipment bis hin zu Lifehacks, die wundersame Lösungen versprechen. Wichtig: Was beim Fahrradfahren im Kampf gegen die Kälte funktioniert, muss beim Laufen nicht unbedingt genauso effektiv sein oder kann sogar zu Problemen führen. Eines aber hat die Ausrüstung in beiden Fällen gemeinsam: Sie sollte atmungsaktiv sowie wasser- und winddicht sein. Wir geben einen kleinen Überblick, was wirklich hilft.

Kältebrücke

Auf dem Rad bildet der Übergang vom Pedal zum Schuh eine Schwachstelle in der Wärmeisolierung. Diese lässt sich zum Beispiel durch Thermoeinlegesohlen mit aluminiumbeschichteter Unter- und wärmender Wolloberseite abschwächen. Auch ein Stück Alufolie oder Rettungsdecke kann alternativ verwendet werden, hat aber nicht ganz den gleichen Effekt.

So bleiben die Füße warm

Durch den Fahrtwind und dadurch, dass die Füße per se kaum in Bewegung sind, sollten sie auf dem Rad besonders geschützt werden. Die Kältebrücke schlechthin besteht beim Übergang vom Pedal zum Radschuh, wo es durch Öffnungen, Metallgewinde und Schrauben nur so zieht. Diese Kältebrücke ist schwer einzureißen, kann aber zumindest ein wenig durchbrochen werden. Mit Thermoeinlegesohlen kann der Schuh von innen isoliert werden. Modelle, die zur Pedale hin mit einer Aluminiumbeschichtung versehen sind und den Fuß mit einer Oberfläche aus zum Beispiel Wolle wärmen, bieten einen guten Kälteschutz. Aus Gründen der Nachhaltigkeit sollten selbstwärmende Einlegesohlen nur bedingt verwendet werden. Wer auf die eigene ­spezielle Schuh­einlage nicht verzichten will, kann ein Stück Alufolie oder Rettungsdecke zwischen Sohle und Schuh auslegen. Diese Alternative hat einen ähnlichen, wenn auch nicht gleichwertigen Effekt, ist aber aus Gründen der Nachhaltigkeit ebenfalls kritisch zu sehen. Oder ihr setzt auf Großvaters Geheimtipp von anno dazumal: ein Stück altes Zeitungspapier. Das ist zumindest besser als nichts.

Drei wichtige Eigenschaften für das Equipment

Auf drei Faktoren kommt es beim geeigneten Winterequipment für Hände und Füße an: Schuhe und Handschuhe sollten atmungsaktiv, wasser- und winddicht sein – und sie sollten nicht zu eng sitzen. Eine dünne Luftschicht zwischen Haut und Material gewährleistet eine schützende Wärmeisolierung.


Die Füße oder Zehen selbst können ebenfalls in Alufolie eingewickelt werden. Zu viel solltet ihr euch davon allerdings nicht versprechen, genauso wie von dem Lifehack, die Füße samt Socken in eine Plastiktüte – etwa einen Gefrierbeutel – zu stecken, bevor man den Schuh anzieht. Das birgt die Gefahr, dass Schweiß nicht abfließen kann, die Füße im Schuh „schwimmen“ und durch den Fahrtwind auskühlen.
Da sich Ärmelkanalschwimmer vor ihrem Abenteuer für den Kälteschutz reichlich mit Vaseline einschmieren, hat sich dieser Trend ebenfalls bis zu einigen Radfahrern herumgesprochen. Die Füße mit Vaseline einzureiben, kann Scheuerstellen vermeiden und in gewissem Maß das Auskühlen abschwächen, allerdings kann es eine schmierige Angelegenheit werden. Vaseline zieht nicht in die Haut ein und kann sich in der Kleidung festsetzen.

Die vorgestellten Lösungen können das Fahren in der Kälte erträglicher machen. Wer aber wirklich warme Füße behalten möchte, der sollte im Winter in richtiges Equipment investieren. Speziell für die kalte Jahreszeit entwickelte Radschuhe bieten Wind, Wasser und Kälte weniger Schlupflöcher durch reduzierte Nähte, den Verzicht auf Lüftungsschlitze und einen höheren Schaft. Diese Schuhe sollten keinesfalls zu klein gekauft werden. Schon die gewohnte Schuhgröße kann für die Winterstiefel unpassend sein. Ihr werdet tendenziell mit dickeren Socken auf das Rad steigen und benötigt mehr Platz im Schuh, auch, um eine gewisse Luftschicht zwischen Fuß und Außenmaterial zur Wärmeisolation zu gewährleisten. Wenn ihr Thermosocken wählt, die ihr über die Wade ziehen könnt, schließt ihr eine weitere Kältebrücke beim Übergang zwischen Schuhschaft und Radhose. ­Socken aus Merinowolle haben ebenfalls gute wärmeisolierende Eigenschaften. Denkt auch daran, ein Verschlusssystem zu wählen, das ihr mit Handschuhen bedienen können – und die Schuhe weniger fest zu schnüren, als ihr es eventuell aus dem Sommer gewohnt seid. Das mag sich zunächst ungewohnt anfühlen, aber so verhindert ihr, dass Blutgefäße abgedrückt werden und die Wärmezufuhr in den Fuß erschwert wird. Den Effekt könnt ihr selbst testen, indem ihr bei einer Ausfahrt einen Schuh hauteng schnürt und den anderen weniger fest anlegt.

James Cripps Atmungsaktiv, wind- und wasserdicht: Diese Eigenschaften sollten Winterhandschuhe mitbringen.

Beim Laufen dagegen sollten die Socken hauteng sitzen, um Scheuerstellen zu vermeiden. Natürlich solltet ihr auch die Hände vor der Kälte schützen. Vor allem auf dem Rad sind sie permanent dem Wind und der Witterung ausgesetzt. Greift daher in jedem Fall zu atmungsaktiven, wind- und wasserdichten Handschuhen. Bei sogenannten Lobster- oder Hummer-Handschuhen werden je zwei Finger zusammen untergebracht, was optisch einem gespaltenen Fäustling ähnelt. Im Vergleich zu diesen lassen sich mit den Lobster-Handschuhen jedoch noch bequem Schalt- und Bremshebel bedienen. Zudem wärmen sich die Finger gegenseitig. Mit Unterziehhandschuhen wird dieser Effekt verringert. Wie bei den Füßen sollten auch die Handschuhe nicht zu eng sitzen, um ein wärmeisolierendes Luftpolster zwischen Haut und Handschuh zu ermöglichen. Zu weit sollten die Modelle indes auch nicht sein, da sie ansonsten zu locker sitzen könnten. Wer länger auf dem Rad unterwegs ist, kann darüber nachdenken, ein zweites Paar Handschuhe in einer Plastiktüte am Körper zu tragen und nach zwei von vier Stunden hervorzuholen. Das kann die Trainingswelt auf dem Heimweg wieder erträglicher machen. Verzichtet in Bezug auf die Füße aber lieber auf eine ähnliche Option: Ein Sockenwechsel wäre viel zu aufwendig. Da die Hände beim Laufen nur bedingt Arbeit verrichten, können sie ebenfalls schnell auskühlen. Im Härtefall sind zwei Paar Handschuhe, eines enganliegend, das zweite weit, empfehlenswert.

Betriebstemperatur

Wenn auch die ­beste Ausrüstung nicht mehr hilft, greift auf althergebrachte Methoden zurück. Ihr könnt die Durchblutung und damit die Wärmezufuhr in den Extremitäten durch regelmäßige aktive Pausen fördern: Kreist die Arme oder streut Skippings ein, um Hände und Füße wieder auf Betriebstemperatur zu bringen.


Generell empfiehlt es sich, während einer Trainingseinheit in der Kälte die Durchblutung in den Extremitäten zu fördern. Durch Armkreisen kann das Blut bewusst bis in die Fingerspitzen gebracht werden. Auch schnell auf der Stelle laufen, zum Beispiel mit Skippings, leitet das Blut in die richtigen Bahnen. Einstreuen lassen sich diese Übung regelmäßig, wenn es zu kalt wird, selbst bei Pausen auf dem Rad.
Wenn der Start in die Kälte schwerfällt, versucht es mit einem simplen Trick: Legt sämtliche Trainingskleidung samt Schuhen vor der Einheit auf die Heizung und schlüpft kurz vor Beginn in das warme Equipment. So lassen sich die ersten Momente leichter überstehen, bis der Körper auf Betriebstemperatur ist.

Solltet ihr (noch) zu den Frostbeulen gehören, gibt es derweil eine gute Nachricht: Kälte auszuhalten, lässt sich lernen. Macht die Kälterezeptoren unempfindlicher, indem ihr im Winter regelmäßig ins Freie und in die Sauna geht, Wechselbäder nehmt und euch alternierend kalt und warm abduscht.

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Bengt Lüdke
Bengt Lüdke
Bengt-Jendrik Lüdke ist Redakteur bei triathlon. Der Sportwissenschaftler volontierte nach seinem Studium bei einem der größten Verlage in Norddeutschland und arbeitete dort vor seinem Wechsel zu spomedis elf Jahre im Sportressort. In seiner Freizeit trifft man ihn in Laufschuhen an der Alster, auf dem Rad an der Elbe – oder sogar manchmal im Schwimmbecken.

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