Samstag, 15. Februar 2025

Jonas Deichmann trotzt bedrohlichen Situationen – „Panik? Bringt ja nichts!“

Durchhalten. Häufig geht es bei einem Abenteuer um nicht viel mehr als das. Nach Phasen der Entbehrung kommen auch wieder bessere Zeiten. Diese Erfahrung hat Jonas Deichmann einmal mehr gemacht. Nachdem er bei seinem „Triathlon 360 Degrees“, dem Triathlon rund um die Welt, zu Beginn des Schwimmens körperlich und mental extrem gefordert wurde, hat sich die Situation mittlerweile wieder etwas entspannt. Der 33-Jährige kommt – von einigen kurzen Zwangspausen abgesehen – gut voran und kann auch eine ausreichende Verpflegung sicherstellen. Das war in der außerhalb der Tourismuszeit dünn besiedelten Gegend im Bereich des Velebit-Kanals anders. „Dort war nichts an Infrastruktur. Jetzt kommt alle sieben bis acht Kilometer eine kleinere Ortschaft, alle zehn Kilometer ein Supermarkt, in dem ich einkaufen kann“, so Deichmann. „Mental geht es mir wieder ein bisschen besser. Die erste Woche hatte ich nur Gegenwind und starke Strömung. Ich schwimme ja in den Herbst hinein und es wird tendenziell nicht besser. Da bekommt man schon ein bisschen Sorge, wie es ist, wenn in vier Wochen die Stürme losgehen“, verrät er. „Jetzt habe ich aber meinen Rhythmus gefunden und bin zuversichtlich , dass es gut weitergeht. Ich gebe die kommende Woche Gas, und dann habe ich auch schon fast die Halbzeitmarke erreicht.“

„Es war die Hölle“

Nachdem er vor einer Woche in Zadar in einem Hotel übernachtet und mit einem Restaurantbesuch „ein bisschen das normale Leben genossen“ hatte, ging es 3,5 Kilometer weiter an Yachthäfen und Fischern vorbei, immer an der Altstadt von Zadar entlang. „Das war nicht so berauschend und im Süden musste ich kurz aus dem Wasser und den großen Industriehafen umlaufen, weil dort Frachtschiffe und Fähren verkehren. Das waren zwar nur ein paar Hundert Meter Fußweg, aber der ging komplett durch das Industriegebiet. Ich habe zweieinhalb Stunden gebraucht und es war die Hölle, mit dem Floß auf dem Rücken. Hoffentlich war es die letzte Laufstrecke bis Dubrovnik.“ Südlich von Zadar passierte Deichmann noch ein paar größere Yachthäfen – angesichts des Schiffsverkehrs ein mitunter gefährliches Unterfangen. „Ich habe immer kurz gewartet, dass nichts kommt, und dann richtig Gas gegeben. Das war eine kleine Intervalleinheit, um dort vorbeizukommen.“

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Mit Zadar ließ Deichmann derweil den bislang insgesamt beschwerlichsten Abschnitt seines Trips hinter sich. „Seitdem läuft es ganz gut. Ich habe meinen Rhythmus gefunden. Die ersten 100 Kilometer waren Training, jetzt merke ich, dass meine Schwimmzeiten tatsächlich schneller werden. Ich schaffe bei normalen Bedingungen 300 bis 400 Meter mehr pro Stunde.“ Das Tagespensum hat sich mittlerweile ungefähr auf zehn Kilometer eingependelt. „In Sukošan musste ich noch einmal einen Tag Pause machen wegen eines Gewitters.“

privat Gastfreundschaft: Jonas Deichmann verbrachte die Nacht in Biograd bei Einheimischen.

Mit Vollgas verhindert, abzutreiben

Am Mittwoch verhinderte Gegenwind am Nachmittag das anvisierte Ziel. Dafür gab es eine willkommene Abwechslung in Biograd. „Ich habe bei Einheimischen übernachtet, die mich eingeladen haben.“ Es war auch Zeit, die körperlichen Blessuren, den Schnitt am Fuß und die Hautentzündungen, zumindest ein wenig zu kurieren. Am Donnerstag ging es für den Abenteurer erst gegen 14 Uhr ins Wasser, da vormittags ein Gewitter wütete. Am Ende standen 3,5 Kilometer auf der Uhr. „Ich bin nach zwei Kilometern aus dem Windschatten einer vorgelagerten Insel herausgeschwommen und wurde sofort von heftigem Wind, Strömung und Wellen mit voller Wucht erwischt“, berichtet Deichmann, den es ins offene Meer hinauszutreiben drohte. „Ich bin praktisch auf der Stelle geschwommen und habe es mit Vollgas noch irgendwie rüber geschafft zum Festland.“ Deichmann erklärt: „In solchen Situationen macht das Floß einen gewaltigen Unterschied, weil es mich bei Wind und Wellen extrem zurückzieht. Da wird einem schon ein bisschen anders.“ Immerhin: Vorgelagerte Inseln würden zur Not als Rettungsinsel dienen können. „Dann bin ich aber im schlimmsten Fall sechs Kilometer weiter draußen. So geil ist das dann auch nicht. Aber Panik? Bringt ja nichts.“

privat Pause: Jonas Deichmann bei einem Zwischenstopp, um Kraft zu tanken.

Erholsame Nacht bringt Kraft zurück

Deichmann entschloss sich, nicht weiter zu schwimmen und die Gelegenheit zu nutzen, eine erholsame Nacht in Meeresnähe zu verbringen. „Ich habe einen wunderschönen Schlafplatz gefunden, bei einem Zeltplatz. Die Saison ist vorbei und es ist schon alles geschlossen. Da konnte ich mich unter ein Vordach legen. Das war toll: Nachts ist der Regen auf das Metalldach gefallen und im Hintergrund war Meeresrauschen. Ziemlich cool.“ Die Auswirkungen einer schlaflosen Nacht sind für den Abenteurer extrem. „In der Gegend, in der ich mich jetzt befinde, gibt es viele Strände oder Campingplätze, die geschlossen sind, da kann ich mich super unter ein Vordach legen und habe eine ruhige Nacht. Das macht verdammt viel aus. Das Schwimmen ist schon hart, aber das Härteste in der ersten Woche war, dass ich kein Essen und Trinken hatte, wenn ich an Land gekommen bin, es nachts geregnet hat und ich auf Felsen schlafen musste. Jetzt habe ich wenigstens etwas zu futtern und relativ angenehme Nächte.“

privat Die Schlafplätze sind mittlerweile angenehmer geworden: Statt auf Felsen unter freiem Himmel verbringt Jonas Deichmann die Nächte überdacht in Strandnähe.

Etappenziel im Blick

Am Freitag hatte der Abenteurer bereits gegen Mittag die ersten 4,5 Kilometer in der Tasche. Dann drehte der Wind und Deichmann legte mit Rückenwind die Strecke bis nach Tisno zurück. „Es war ein richtig geiler Tag. Das Wasser war wie in einer Badewanne, richtig ruhig. Ich hatte nur ein paar Navigationsprobleme, weil es bei den ganzen Inseln manchmal schwierig ist, zu erkennen, in welche Lücke man rein muss“, so Deichmann, der mit 13 Kilometern an diesem Tag die zweitlängste Strecke bisher zurücklegte. „Ich glaube, das kann ich noch toppen. Ich habe jetzt circa ein Viertel der Gesamtstrecke geschafft. Die nächsten Tage wird das Wetter ziemlich gut, da hoffe ich, dass ich insgesamt 50 bis 60 Kilometer schaffe – und dann bin ich auch schon in Split.“

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Mehr Informationen

Jonas Deichmann berichtet auf tri-mag.de regelmäßig in Tagebuchform von seinem Triathlon rund um die Welt. Weitere Informationen zu seinen bisherigen Abenteuern sowie ein Livetracker zu seinem Triathlon rund um die Welt finden sich auf seiner Website jonasdeichmann.com.

Alle Tagebucheinträge von Jonas Deichmanns Triathlon um die Welt

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Bengt Lüdke
Bengt Lüdke
Bengt-Jendrik Lüdke ist Redakteur bei triathlon. Der Sportwissenschaftler volontierte nach seinem Studium bei einem der größten Verlage in Norddeutschland und arbeitete dort vor seinem Wechsel zu spomedis elf Jahre im Sportressort. In seiner Freizeit trifft man ihn in Laufschuhen an der Alster, auf dem Rad an der Elbe – oder sogar manchmal im Schwimmbecken.

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