Es war beinahe zum Verzweifeln. Dubrovnik in Sichtweite, der Schwimmausstieg zum Greifen nah – und doch so weit entfernt. 22 Kilometer waren es für Jonas Deichmann noch bis zum ersten offiziellen Wechsel bei seinem Triathlon rund um die Welt, umgerechnet circa zwei Schwimmtage, doch die Bedingungen sorgten für eine unfreiwillige Pause. „Es ist natürlich nicht so toll, wenn man nur noch eine kleine Strecke vor sich hat und festsitzt, aber ich habe mittlerweile gelernt, das entspannt zu sehen und auszusitzen“, erklärt Deichmann. „Ich habe oft genug die Erfahrung gemacht, dass ich bei nicht so guten Bedingungen losgeschwommen bin und am Ende auf irgendeinem Felsen festsaß, von dem ich erstmal nicht mehr heruntergekommen bin.“ Am Dienstag war es dann endlich so weit: Nach 59 Tagen und 456 Kilometern im Wasser absolvierte er bei seinem Abenteuer den ersten Wechsel und durfte – endlich – auf das Rad steigen. In seiner Paradedisziplin – nicht umsonst nennt er sein Fahrrad spanisch Esposa (Ehefrau) – wird er deutlich mehr Strecke machen. Jetzt geht es in Richtung Sibirien.
Die Ankunft war total geil.
Jonas Deichmann
Eine halbe Stunde nach seiner Ankunft am Dienstag um 15 Uhr am Hafen in der Altstadt von Dubrovnik, bekannt als Kulisse aus der Erfolgsserie „Game of Thrones“, sagte Deichmann euphorisch: „Die Ankunft war total geil. Der lokale Triathlon-Club und ein paar Wasserballspieler sind vorbeigekommen. Ich hatte Begleitung von Ivan, einem ehemaligen semiprofessionellen Triathleten und Langstreckenschwimmer, und Emilio, einem Wasserballprofi. Die beiden haben mir mal gezeigt, wo meine Schwimmgrenzen sind. Es ist richtig geil, wenn man an den Mauern der Altstadt vorbeischwimmt. An Land haben mich TV-Sender und Zeitungsreporter erwartet. Eine Champagnerdusche gab es auch.“ Erleichtert ergänzte er nach der ersten Disziplin bei seinem Triathlon rund um die Welt: „Ich bin froh, dass dieser Teil vorbei ist und ich ganz offiziell meine kurze aber erfolgreiche Schwimmkarriere beenden und in den Frühruhestand gehen kann. Ich bin und bleibe Fahrradfahrer. Ich bin froh, das mal gemacht zu haben und die Welt aus einer anderen Perspektive gesehen zu haben. Es hatte auch seine guten Momente und es bleiben schöne Erinnerungen, aber nochmal machen will ich das nicht.“
Zwangspause durch berüchtigte Winde
Bevor es soweit war, musste der 33-Jährige noch einmal kämpfen. „Mit den Temperaturen und den Bedingungen. Ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr so viele Reserven übrig hatte.“ Da war ihm ganz gelegen gekommen, dass er zunächst für zwei Tage auf der Halbinsel Pelješac pausieren musste, da der Wind ein Weiterschwimmen verhinderte. Eine kleine Unterkunft und Kontakte zu Restaurantbetreibern machten den Aufenthalt erträglich. „Ich bin am zweiten Tag einfach mal 16 Kilometer gelaufen. Acht Kilometer hin und zurück in die Ortschaft Ton, um mich für die nächsten Tage mit Essen einzudecken. Logistik beim Swimpacking ist nicht gerade einfach.“
Nach zwei Tagen ging es dann weiter, wenn auch unbeständig. „Die Vorhersage war schon wieder: zwei Tage Schwimmen, dann wieder stoppen. Man merkt, dass es Ende November ist, die Winde werden stärker, die Bora kommt jetzt öfter, ein eiskalter Nordwind, bei dem man einfach nicht ins Wasser geht, weil es keinen Zweck hat“, sagt Deichmann.
Jedes mögliche Zeitfenster genutzt
Der Abenteurer nutzte jedes mögliche Zeitfenster. „Ich habe ziemlich Gas gegeben, um es zum nächsten Supermarkt zu schaffen. Also habe ich wieder eine lange Tour gemacht, elf Kilometer, davon sieben nonstop, ohne an Land zu gehen, bis nach Slano“, so Deichmann – es waren bereits die Vorboten des Schwimmausstiegs und sorgten für eine kleine Motivationsspritze. Denn Slano gehört zur Region Dubrovnik-Neretva.
Kurz vor dem Etappenziel ausgebremst
Das Ziel vor Augen wurde Deichmann schließlich ausgebremst. Zunächst herrschten morgens gute Bedingungen, nachmittags aber wurden die Wellen heftiger. „Es gab kaum ein Vorankommen. Ich habe gerade einmal acht Kilometer geschafft und bin an einem wunderschönen Strand an Land gegangen, an dem ich erst einmal wieder festsaß. Der Wind wehte mit 21 Knoten.“ Am Sonntag sollte der Schlusssprint über die finalen Kilometer starten, erneuter Wind ließ den erst am Montag zu. Neun Kilometer schaffte Deichmann vorerst, bis an den Stadtrand von Dubrovnik. „Es lief super die letzten beiden Tage“, so der Abenteurer.
Dubrovnik in Sicht hieß aber nicht gleich Ziel in Sicht. Deichmann wollte in die Altstadt schwimmen, musste also noch am Hafen vorbei. Die letzten Kilometer schaffte er am Dienstag, wobei die finale Etappe noch einmal eine richtige Herausforderung bereit hielt. „Wir sind in den alten Hafen geschwommen, das war nicht einfach, weil eine ziemlich starke Strömung dort vorherrschte und uns das Leben schwer gemacht hat. Die Kulisse war aber toll.“ Gegen 15 Uhr erreichte er schließlich die Wechselzone und durfte feiern – coronakonform natürlich. „Wir haben draußen im Café mit Abstand den ersten Meilenstein für mich ein wenig gefeiert.“
Lange ausruhen wird sich der Abenteurer allerdings nicht. „Am Mittwoch geht es mittags mit dem Fahrrad los.“ Die erste Etappe wird jedoch etwas kürzer ausfallen. „Ich fahre 75 Kilometer bis nach Kotor in Montenegro. Ab da sind täglich 150, 160 Kilometer angesagt. Am Donnerstag werde ich bereits in Albanien sein. Ich freue mich auf meine Paradedisziplin. Da die Grenzen zu Griechenland derzeit dicht sind, geht es um Griechenland herum.“ Die Route wird ihn über Montenegro, Albanien, Mazedonien, Bulgarien und die Türkei führen. In Istanbul wird er dann zunächst für ein paar Tage pausieren müssen, da er dort eine spezielle Genehmigung einholen muss, um weiterfahren zu können in Richtung Sibirien.
Jonas Deichmann berichtet auf tri-mag.de regelmäßig in Tagebuchform von seinem Triathlon rund um die Welt. Weitere Informationen zu seinen bisherigen Abenteuern sowie ein Livetracker zu seinem Triathlon rund um die Welt finden sich auf seiner Website jonasdeichmann.com.
Alle Tagebucheinträge von Jonas Deichmanns Triathlon um die Welt
- Startschuss | Jonas Deichmann beginnt einen Trip ins Ungewisse
- Woche 1 | Das Wetter bremst Jonas Deichmann früh aus
- Woche 2 | Jonas Deichmann schwimmt im „Jan-Frodeno-Tempo“ durch die Adria
- Woche 3 | Jonas Deichmann trotzt bedrohlichen Situationen – “Panik? Bringt ja nichts!”
- Woche 4 | Jonas Deichmann startet nach Zwangspause durch
- Woche 5 | Jonas Deichmanns letzte große Herausforderung vor dem „Ausschwimmen“
- Woche 6 | Jonas Deichmann sehnt den Schwimmausstieg herbei
- Woche 7 | Spektakulärer Empfang mit Champagnerdusche – Jonas Deichmann wechselt auf das Rad
- Woche 8 |“Ich bin wieder in meinem Metier”
- Woche 9 | Jonas Deichmann kämpft sich durch die Kälte Bulgariens
- Woche 10 | Jonas Deichmann sitzt in der Türkei fest
- Woche 11 | Jonas Deichmann auf Genussfahrt durch türkische Dörfer
- Woche 12-14 | Jonas Deichmann ist rund um Weihnachten und Silvester im Urlaubsmodus unterwegs
- Woche 15 | Warten, weiterfahren oder umkehren – Jonas Deichmann plant um
- Woche 16 | Die Ostroute wird für Jonas Deichmann doch wieder zur Option
- Woche 17 | Kein Vorankommen – aber längst kein Stillstand bei Jonas Deichmann
- Woche 18 | Das Warten hat für Jonas Deichmann ein Ende
Hallo !
Mich würde mal interessieren, wie Jonas sein Fahrrad nach Dubrovnik gebracht hat. Er soll ja wohl keine Hilfe von aussen bekommen.