Freitag, 26. April 2024

Warten, weiterfahren oder umkehren – Jonas Deichmann muss neu planen

Planänderung. Diese Option schwingt bei Jonas Deichmann bei jedem Abenteuer im Hinterkopf mit, wenn sich an irgendeiner Stelle Hindernisse offenbaren. Selten aber war die Entscheidung, wie es weitergeht, so bedeutsam für ein Projekt, wie es Deichmanns Wahl in den nächsten Tagen sein wird: warten, weiterfahren oder umkehren. Wer den 33-Jährigen kennt, weiß, dass die dritte Option keinesfalls das Ende seines aktuellen Abenteuers, den Triathlon rund um die Welt, bedeutet. Aber sein „Triathlon 360 Degree“ würde kurzerhand eine Wendung um 180 Grad erfahren.

privat Unterwegs in den Bergen: Jonas Deichmann erkundet während seiner Wartezeit die Umgebung.

Diplomatie bremst ihn aus

Seit Wochen sitzt Jonas Deichmann in der Türkei fest. Und ist dabei auch Opfer der Politik. Denn neben der Corona-Pandemie und den Entwicklungen um das mutierte Virus gab es in den vergangenen Wochen auch noch Nawalny und Hackerangriffe – „die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland sind derzeit auf einem Tiefpunkt“, weiß Deichmann, dem die Einreise in das größte Land der Welt auf seinem Rad statt mit dem Flugzeug bislang verwehrt wurde. Dabei will er eigentlich über Sibirien an die Pazifikküste fahren, um von dort per Segelboot in die USA überzusetzen. „Ich habe sehr gute Kontakte auf diplomatischer Ebene und noch eine kleine Hoffnung, dass ich vielleicht doch nach Russland reinkomme. Ich weiß aber nicht, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass es klappt.“

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Südroute ist ausgeschlossen

Falls es nicht klappt, muss also Plan C her. Denn Plan B, die Südroute gen Osten über Iran, Pakistan und Indien ist derzeit aufgrund der Corona-Pandemie ebenfalls dicht. „Es ist nahezu ausgeschlossen, dass auf dieser Route in absehbarer Zeit die Grenzen wieder geöffnet werden“, so Deichmann. „Die aktuelle Situation deutet ja eher auf Verschärfungen in den meisten Gegenden der Welt hin. Um nicht bis zum Sommer in der Türkei zu bleiben, arbeite ich an einem Plan C“, erklärt der Abenteurer: „Bei dem geht es in die andere Richtung, zurück nach Europa und über den Atlantik in die USA.“ Dort läuft Deichmann dann von der Ost- bis zur Westküste und segelt über den Pazifik bis nach Asien, um dort mit dem Fahrrad zurück nach München zu fahren.

Ungewöhnliche Unterkunft: Jonas Deichmann hat sein Nachtlager unter einem Hund auf einem Spielplatz aufgeschlagen.

Route gen Westen in Planung

„Diese Route hat Vorteile: In die USA sollte ich mit hoher Wahrscheinlichkeit einreisen können. Es ist zwar aktuell auch nicht ganz so einfach, aber es scheint machbar. Dort gab es sogar Triathlon-Wettkämpfe und es gibt internationalen Reiseverkehr. Die Regel ist, dass man keine 14 Tage vor der Einreise im Schengen-Raum gewesen sein darf, aber wenn das Boot mehr als 14 Tage unterwegs ist, ist das kein Problem mehr. Der Lauf durch die USA dauert dann mehrere Monate. Wenn ich am Pazifik ankomme, sind wir schon im August – und bis dahin gibt es hoffentlich eine Route durch Asien“, so Deichmanns Überlegungen.

Für mich ist es ganz schön frustrierend.

Jonas Deichmann

Selbst bei dem unerschütterlichen Abenteurer nagen die Entwicklungen der vergangenen Wochen ein wenig an den Nerven. „Für mich ist es ganz schön frustrierend, dass immer ein neues Problem auftaucht – und es dafür keine wirklichen Lösungen gibt. Ich kann es aber nicht ändern und bleibe optimistisch. Ich mache das Beste aus der Situation. Irgendwie wird es weitergehen, aber keine Ahnung wann.“

Ruhige Planung in Ferienwohnung

Dass der Extremsportler nicht einfach umkehrt und Richtung Portugal fährt, liegt zum einen daran, dass er noch auf die Route via Russland hofft, aber auch daran, dass er zunächst ein Segelboot für die Atlantiküberquerung organisieren will. „Bis dahin bleibe ich zunächst in der Türkei. Ich fahre nicht nach Lockdown-Europa rein, ohne ein Boot zu haben und mich im Hafen auf die Suche danach begeben zu müssen. Dafür kann ich mich in der Türkei frei bewegen und die beiden möglichen Routen ausarbeiten.“ Um in Ruhe planen zu können, wird Deichmann in der kommenden Woche eine Ferienwohnung beziehen, in die er eingeladen wurde.

privat Beeindruckende Kulisse: Jonas Deichmann bezeichnet die Landschaft rund um Antalya als bisher schönsten Teil seiner Reise.

Traumhafte Landschaft an der Küste

In der vergangenen Woche war Jonas Deichmann auf Erkundungstour in der Gegend um Antalya. „Ich habe täglich zwischen 70 und 120 Kilometer durch die Berge absolviert, mit vielen Höhenmetern.“ Zuvor war er von Fethiye aus die Küste entlang gefahren, um immer wieder Abstecher ins Landesinnere mit Pässen und Anstiegen zu machen. „Das war landschaftlich der bisher schönste Teil meiner Reise. Von den Traumstränden am Meer direkt hoch auf 2.000 Meter. Traumhaft. Nach wie vor begegnen mir kaum Autos am Wochenende, weil für die Einheimischen Lockdown ist, der gilt aber für Ausländer nicht.“

Willkommene Alternative zum Radfahren

Um etwas Abwechslung in seinen Alltag zu integrieren, wird sich Jonas Deichmann in den kommenden Tagen vermutlich neben Radfahren auch anderen Aktivitäten widmen. Der türkische Geschäftsführer einer bekannten Schuhgeschäftkette, die zufällig den gleichen Namen wie der Abenteurer trägt, hat ihn in den Store nach Antalya eingeladen und ihn mit Gratis-Schuhwerk zum Laufen und Wandern versorgt. „Er ist ein Fan, hat mich auf Instagram kontaktiert und mir einen kleinen Empfang bereitet“, erklärt Deichmann. In diesem Fall hat er von der Politik profitiert – auch wenn es nur um Firmenpolitik ging.

Jonas Deichmann berichtet auf tri-mag.de regelmäßig in Tagebuchform von seinem Triathlon rund um die Welt. Weitere Informationen zu seinen bisherigen Abenteuern sowie ein Livetracker zu seinem Triathlon rund um die Welt finden sich auf seiner Website jonasdeichmann.com.

Alle Tagebucheinträge von Jonas Deichmanns Triathlon um die Welt

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4 Kommentare

  1. Sinn oder Unsinn …Verhältnismäßigkeiten ….einzeln durch die Natur oder zu zig Scharen an den See ,ins Skigebiet auf den Spielplatz, am Samstag einkaufen ….und genau, niemanden beleidigen weil er anders denkt ,besser immer fragen wenn man was nicht versteht sonst schürt es nur Hass und Aggressionen ….Peace

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Bengt Lüdke
Bengt Lüdke
Bengt-Jendrik Lüdke ist Redakteur bei triathlon. Der Sportwissenschaftler volontierte nach seinem Studium bei einem der größten Verlage in Norddeutschland und arbeitete dort vor seinem Wechsel zu spomedis elf Jahre im Sportressort. In seiner Freizeit trifft man ihn in Laufschuhen an der Alster, auf dem Rad an der Elbe – oder sogar manchmal im Schwimmbecken.

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