Vor knapp einer Woche ist Anne Reischmann beim Ironman 70.3 Kraichgau gestartet und hat sich bei starker Konkurrenz auf den fünften Platz gekämpft. Wie es ihr im Land der 1.000 Hügel ergangen ist, lest ihr im Blog.
Die Vorfreude auf das Rennen im Kraichgau war bei mir sehr groß. Ein Rennen in Deutschland und mit dem positiven Schwung aus Ibiza und einigen weiteren guten Einheiten zu Hause habe ich mir ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: Podium! In Anbetracht des starken Starterfelds war mir auch klar, dass ich selbst bei einer guten Leistung dieses Ziel vielleicht nicht erreichen werde, aber ich wollte es zumindest versuchen. Als dann am Vortag auf einmal Lucy Charles-Barclays Rad in der Wechselzone stand, ist dieses Ziel nochmals ein Stückchen ambitionierter geworden: Jetzt waren wir auf einmal zu sechst, die sich um drei Plätze auf dem Podest „streiten“ würden und ich vermutete, dass es vor allem zwischen Daniela Bleymehl, Nikki Bartlett, Ellie Salthouse und mir sehr eng zugehen könnte.
Gute Voraussetzungen nach dem Schwimmen
Das Rennen ging mit einem für mich guten Schwimmen los. Nach dem verkorksten Schwimmen in Ibiza tat das richtig gut. Ich habe mich gut positioniert, kam vorne in der ersten größeren Verfolgergruppe aus dem Wasser und freute mich aufs Radfahren. Die Radstrecke hat mir beim Streckencheck schon richtig gut gefallen und ich wusste, dass mit Daniela und Nikki zwei sehr starke Radfahrerinnen um mich herum sind, mit denen man vielleicht auch die Lücke nach vorne schließen kann. Alles in allem also sehr gute Voraussetzungen für schnelle und harte 90 Kilometer. Auf den ersten Kilometern merkte ich aber schon, dass mir die vorgegebenen Wattwerte nicht ganz so leicht von der Hand gingen wie noch auf Ibiza. Es fühlte sich nicht schlecht an, aber ich musste mich von Beginn an sehr konzentrieren, dass die Werte oben blieben. An den Anstiegen es immer heiß her und ich fuhr ab und zu über meinen Vorgaben. Dadurch, dass die Anstiege sehr hart, und die Abfahrten technisch und schnell waren, vernachlässigte ich auf der ersten Hälfte der Radstrecke meine Verpflegung etwas. Ich hatte einfach keine Zeit und keine Hände frei zum Trinken.
Kurz vor der Hälfte ließ ich Dani fahren, denn ich spürte, dass ich, wenn ich so weitermache, nicht imstande sein werde, einen guten Halbmarathon zu laufen. Die zweite Hälfte konzentrierte ich mich deshalb mehr auf mich, fuhr gleichmäßiger und holte mit meiner Verpflegung etwas auf. Das bedeutete aber auch, dass ich weiterhin Nikki und ab Kilometer 40 auch Lucy, die aufgrund ihres Defekts Teil unserer Gruppe wurde, über die Radstrecke geführt habe. In diesem Moment muss man eine Entscheidung treffen: Tempo rausnehmen und die anderen zwingen nach vorn zu gehen und in Kauf nehmen, dass man Zeit verliert oder weitermachen und riskieren, dass die anderen Kräfte sparen. Mit dem Podium als Ziel im Hinterkopf wollte ich mich nicht auf zu viele taktische Spielchen einlassen und blieb erst mal vorn, bis mich circa 20 Kilometer vor Ende Nikki dann ablöste. Alles in allem habe ich das Radfahren bei uns Frauen als sehr fair wahrgenommen. Wir hatten meist Kampfrichter um uns herum und dank der größeren Zeitabstände bei den Startzeiten wurde unser Rennen auch nicht von schnellen Altersklassenathleten beeinflusst. Es hat großen Spaß gemacht, mit Dani, Nikki, Lucy und auch Jenny Jendryschik, die mit ihrer starken Radperformance vermutlich nicht nur mich überrascht hat, ein Rennen zu fahren. Leider „verbummelte“ unsere Gruppe den konstanten Abstand von ungefähr einer Minute auf den letzten Kilometern etwas und wir kamen mit 2:20min Rückstand auf das Führungstrio in die zweite Wechselzone.
Kämpfen um jede Sekunde
Beim Loslaufen war mein erster Gedanke: „Uiuiui, das wird lang und mühsam“. Aber es gab auch einige positive Dinge, die mir sofort aufgefallen sind und an denen ich mich festgehalten habe. Das Führungstrio war nicht so weit weg, es gab immer wieder Bergabstücke, in denen man sich schnell fühlte und wieder einen guten Rhythmus finden konnte und der Support auf der Laufstrecke war genial. Auch auf der Radstrecke waren schon viele Zuschauer, aber beim Laufen gab es nur wenige Stellen, an denen keine Zuschauer standen. Das war richtig cool. Besonders geschätzt habe ich die Anfeuerung der anderen Trainer und Supporter. Ich weiß nicht, in wie vielen anderen Sportarten man auch von „gegnerischen“ Teams unterstützt wird. Und wenn man bedenkt, dass zwischen Dani, Nikki und mir zeitweise nur wenige Sekunden lagen, finde ich das schon bemerkenswert. Am Ende kam ich als Fünfte mit nur wenigen Sekunden Rückstand auf Nikki ins Ziel. Ich war fix und fertig, habe gekämpft bis zum Schluss und bin deshalb zufrieden.
Die beiden Tage danach war ich körperlich schon ziemlich erschöpft, ich habe deutlich mehr Schlaf gebraucht und war dankbar über die regenerativen Einheiten auf dem Trainingsplan. Vom Kopf her freue ich mich seit der Ziellinie im Kraichgau schon wieder auf das nächste Rennen und zum Glück muss ich auch gar nicht lange warten, denn am 11. Juni geht es beim 70.3 in Rapperswil weiter.