Normalerweise stünde ich jetzt kurz vor der zweiten Saisonhälfte und würde mich bei optimalem Verlauf der ersten Hälfte auf die 70.3-Weltmeisterschaft in Taupo vorbereiten. Dieses Jahr ist wenig normal und so freue ich mich sehr, dass das, was vor ein paar Wochen noch nicht vorstellbar war, doch stattfindet: Eine Mini-Saison mit einem Wettkampf-Monat. Ich bin gespannt und auch etwas nervös auf meine insgesamt drei Rennen.
Das erste davon habe ich bereits bestritten: Ironman VR18, ein virtueller Triathlon gegen drei andere Profiathletinnen. Die Entscheidung, dort teilzunehmen, habe ich relativ kurzfristig getroffen – vor allem, weil mich virtuelle Rennen bislang nicht gereizt haben. Es fällt mir sehr schwer, unter Trainingsbedingungen bis an meine Grenzen zu gehen. Für den Ironman VR18 mussten wir 500 Meter schwimmen, 40 Kilometer auf der Plattform Rouvy radeln und 3.000 Meter laufen. Da diese kurzen, intensiven Trainingsreize gut in meinem Plan gepasst haben, habe ich schließlich zugesagt. Das Schwimmen und Laufen mussten wir vor dem eigentlichen Renntag absolvieren und per Video aufzeichnen, das Radfahren fand dann Freitagnachmittag „live“ statt. Das Media Team von Ironman hat unsere Videos so zusammengeschnitten, dass man online einen Triathlon sehen konnte. Sowohl Schwimmen (7:32 Minuten) und Laufen (10:18 Minuten) waren in Ordnung. Ich bin das Ganze eher verhalten angegangen und konnte die Pace dann konstant halten, habe mir aber kein Bein ausgerissen, wie mein früherer Lauftrainer sagen würde. In diesen Fightmodus, in dem man um jede Sekunde und jeden Meter kämpft, konnte ich nicht hineinfinden.
Knapp am Sieg vorbei
Im Nachhinein habe ich mich etwas über mich selbst geärgert, denn am Ende sollte es noch knapp um den Gesamtsieg werden. Um ehrlich zu sein, verliefen die Tage um den Ironman VR18 nicht gut. Ich habe viel Stress empfunden, habe mich müde und energielos in den harten Trainingseinheiten gefühlt und bin mit wenig Selbstbewusstsein an die drei Rennen herangetreten. Vor dem Radrennen war ich ziemlich angespannt. Die ersten fünf Minuten war ich als Dritte dicht hinter den beiden Führenden, nach etwa zehn Minuten habe ich die Spitze übernommen und nicht mehr abgegeben. Es war richtig cool: wenn man nichts erwartet und sich in regelmäßigen Abständen wundert, dass sich die Beine noch gut anfühlen und man den Vorsprung konstant ausbauen kann. Dadurch motiviert und durch den tollen Support von meiner Freundin Lea und meinem Freund Joel konnte ich das Radrennen für mich entscheiden. In der Gesamtwertung lag ich zwar 33 Sekunden hinter der Britin Kat Matthews, trotzdem hat mir dieses Rennen einen ordentlichen Schub Selbstvertrauen und neue Motivation gegeben.
Die längste Sprintdistanz des Lebens
Beides kann ich gut gebrauchen, denn am kommenden Sonntag steht das nächste Rennen auf dem Programm, beziehungsweise mit der „Tortour“ mehr eine Challenge. Von Zürich geht es über den Klausenpass nach Andermatt, weiter über den Oberalppass, Chur und den Kerenzerberg wieder zurück nach Zürich. 390 Kilometer, 5.400 Höhenmeter – bei der Tortour wird das als Sprintdistanz veranstaltet. Es wird der wohl längste „Sprint“ meines Lebens. Während einer normalen Triathlonsaison hätte ein solches Event sicherlich keinen Platz gefunden, für mich war es aber über die vergangenen Wochen etwas, auf das ich mich gefreut habe und das mich im Training motiviert hat. Ich werde im Team mit Lea starten. Gemeinsam haben wir die Strecke auf mehrere Tage verteilt abgefahren, uns Strategien überlegt, wie wir uns über so eine lange Zeit ernähren, was wir unterwegs an Bekleidung, Licht etc. brauchen werden und wie wir uns gegenseitig helfen können. Es wird für uns beide eine komplett neue Erfahrung sein und unsere Zielsetzung ist entsprechend verhalten: Wir möchten gesund und sicher die Finishline erreichen und möglichst lange mit einem Lächeln auf den Lippen hintereinander herfahren. Wenn wir es dann noch schaffen, das eine oder andere Team zu überholen, wäre das natürlich klasse. Da es keine reine Frauenwertung gibt und mit uns nur noch zwei andere Frauenteams starten, spielt die Platzierung keine wichtige Rolle. Trainingstechnisch habe nicht mich nicht speziell auf das Event vorbereitet – eine lange Tour (200 Kilometer) habe ich gemacht und in ein paar Trainingseinheiten bin ich auf Pässen unterwegs gewesen.
Ultradistanz als Wettkampfvorbereitung
Grund dafür ist unter anderem das dritte Rennen: die Challenge Davos. Davos wird dieses Jahr das einzige „normale“ Rennen sein und dort möchte ich abliefern. Es ist nicht leicht, mit nur einer Chance sein bestes Rennen zu zeigen, aber diese Herausforderung haben die anderen Starter und Starterinnen ebenfalls. Und wenn ich mir die Startliste ansehe, dann freue ich mich sehr, neben so vielen starken Frauen an der Startlinie zu stehen und mich mit ihnen am Flüela zu messen.
Lasst es doch einfach mal gut sein mit Wettkämpfen für dieses Jahr……
lass mal kurz nachdenken, nein.