Olympia macht es erneut vor: Doping ist im (Spitzen-)Sport präsent. Der Triathlon ist in Paris von derlei Meldungen bislang verschont geblieben, aber aufgrund des extremen Ausdauercharakters ist die Sportart grundsätzlich so anfällig für Doping wie kaum eine andere. Dennoch gibt es kein einheitliches Kontrollsystem – das soll sich jetzt ändern. In Gesprächen mit Verbänden, Veranstaltern und Athleten klären wir die Frage, ob ein sauberer Sport gewährleistet werden kann.
„Ich möchte mich bei meiner Familie, meinen Freunden, meinen Supportern und dem Sport selbst entschuldigen. Es tut mir zutiefst leid.“ Mit diesen Worten läutete Collin Chartier im April 2023 sein Doping-Geständnis in einem Instagram-Post ein. Schon im November 2022 habe der US-Amerikaner angefangen, sich Erythropoetin, besser bekannt als EPO, zu verabreichen. Erst kurz zuvor hatte Chartier die PTO US Open in Dallas gewonnen. Mit dem Geständnis löste der heute 30-Jährige eine Welle der Erschütterung, der Zweifel und des Unglaubens im Triathlon aus. Nahezu das komplette Profilager der Langdistanzathleten äußerte sich zu dem Fall – seitdem werden mehr Instagram-Storys von Dopingkontrollen geteilt als zuvor.
Bei den Olympischen Spielen von Paris gibt es derzeit neuen Doping-Wirbel um China und die WADA, die Welt-Anti-Doping-Agentur. Außerdem sind im Rahmen der Spiele bereits drei Athletinnen und Athleten positiv auf verbotene Substanzen getestet worden. Den Triathlon betrifft diese aktuelle Entwicklung nicht, der Fall Chartier aber zeigt, dass die Sportart durchaus anfällig dafür ist.
Fairness gewährleisten
„Dopingkontrollen außerhalb des Wettkampfs sind essenziell, da potenzielle Betrüger sich auf den Wettkampf hin dopen“, sagt Dr. Eva Bunthoff, Leiterin des Ressorts Doping-Kontroll-System der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA). Bei Chartier war es eine Probe außerhalb des Wettkampfs, die ihn zu Fall brachte. Die wurde rund zwei Monate vor Inkrafttreten der Sperre genommen. Daher seien gerade diese OOC-Proben („Out Of Competition“, also außerhalb des Wettkampfs) so wichtig, um einen sauberen Sport zu gewährleisten. Werden sie nicht durchgeführt, wären die Athleten in der Lage, Dopingmittel rechtzeitig vor Wettkämpfen abzusetzen oder diese zu verschleiern.
„Meine größte Erkenntnis daraus war, dass die Aufklärung gerade im Agegroupbereich ziemlich schlecht ist.“
Christopher Dels
Triathlonprofi Christopher Dels wurde 2019 eine Kochsalzinfusion zum Verhängnis. Damals war er noch Altersklassenathlet und gewann als Agegrouper die Ironman-WM auf Hawaii. Wenige Monate später wurde ihm der Titel allerdings wieder aberkannt und Dels für 14 Monate gesperrt. Der Grund: Er hatte sich vor dem Ironman Texas 2019, bei dem er sich für die WM qualifiziert hatte, auf Empfehlung eines Arztes vor Ort zwei Infusionen verabreichen lassen und dafür keine Ausnahmegenehmigung zur therapeutischen Anwendung (TUE) eingereicht. Mit diesen intravenösen Behandlungen wollte der Bamberger nach einem Magen-Darm-Virus kurz vor dem Wettkampf wieder auf die Beine kommen. Grundsätzlich ist eine medizinische Maßnahme wie die Infusion von Dels möglich. Jedoch hätte er sich diese in einem öffentlichen Krankenhaus geben lassen und anschließend eine TUE beim Veranstalter und der Anti-Doping-Agentur einreichen müssen, um nicht gegen die Richtlinien zu verstoßen. Denn Infusionen können genutzt werden, um Dopingmittel im Blut „zu maskieren“.
„Aufklärung im Agegroupbereich ziemlich schlecht“
„Meine größte Erkenntnis daraus war, dass die Aufklärung gerade im Agegroupbereich ziemlich schlecht ist“, sagt er. „Viele wissen einfach gar nicht, was Doping ist. Keiner setzt sich mit dem Thema Anti-Doping auseinander, wenn er es nicht muss.“ Nicht nur die Verabreichung von verbotenen Substanzen ist strafbar, sondern unter anderem auch der Besitz, der Handel oder das Durchführen einer verbotenen Methode, wie im Fall von Christopher Dels.
Dr. Eva Bunthoff erklärt: „Es gibt natürlich eine Verbotsliste. Aber die ist wahrscheinlich für die meisten Athleten zu komplex, da sie mit vielen chemischen Begriffen versehen ist. Das heißt, es ist unsere Aufgabe, das für die Athleten handlich zu machen.“ Die NADA verfüge über eine App, in der beispielsweise auch verbotene Medikamente gelistet sind. Weiß man jedoch nichts von der Existenz dieser App, ist man als Altersklassenathlet schnell aufgeschmissen.
Ich glaube, dass ambitionierte Hobbyathleten in den Bereichen Triathlon, Radsport und Laufen die am besten informierten Menschen sind, was Doping angeht, die es im Hobbybereich gibt. Zumindest diejenigen, die einigermassen nach Plan trainieren.
Und trotzdem oder gerade deshalb dopen soviele Hobbyathleten in diesen Sportarten.
Grad diese Woche hat die Sportschau erst berichtet, dass bei einer anonymen Umfrage während der Challenge Roth 11% der Teilnehmer (800 Athleten) zugegeben haben zu dopen. Das ist einfach der Wahnsinn. Ganz ehrlich, ich bin der Meinung, dass es mittlerweile fast wichtiger ist im Hobbybereich zu testen, als bei den Profis. Nur will das natürlich niemand. Das zeigt auch die „Naivität“ eines Felix Walchhöfers, der vor der Auswertung der Umfrage gefragt wurde, was er denn glaubt, wieviele der Agegrouper dopen würden. Seine Antwort: „Ich glaube niemand“.
Natürlich weiss er es besser, aber kein Veranstalter will sich sein Geschäftsmodell selbst kaputt machen, dass gilt für Roth genauso wie für Ironman oder jeden Rad-/ Marathonveranstalter.