„Die Entscheidung vom Weltverband World Triathlon, das Olympic beziehungsweise das Paralympic Qualifikation Ranking bis zum 1. Mai auszusetzen, ist alternativlos“, sagt Dr. Jörg Bügner, Sportdirektor der Deutschen Triathlon Union (DTU). Die Planung im Leistungssport sei aufgrund der Coronasituation derzeit schwierig, Trainingslager hätten bereits verschoben beziehungsweise abgesagt werden müssen. „Wir hoffen, dass in den kommenden Wochen Trainingslager möglich sind und dass unsere Athleten auch noch ausreichend Wettkämpfe vor den Olympischen Spielen bestreiten können“, so Bügner weiter.
Internes Quali-Rennen weiterhin Ende Mai geplant
Am für den 30. Mai geplanten verbandsinternen Qualifikationswettkampf Ende Mai am Olympiastützpunkt in Kienbaum (Brandenburg) halte die DTU fest und man sei optimistisch, diesen auch durchführen zu können. „Ähnlich wie World Triathlon sind aber auch wir bei unserem internen Qualifikationswettkampf von der weiteren Entwicklung der Pandemie und den damit zusammenhängenden nationalen Bestimmungen abhängig“, sagt Bügner. Im Supersprintrennen über 300 Meter Schwimmen, 6.700 Meter Radfahren und 1.900 Meter Laufen sollen dann noch die zwei vakanten Startplätze für die Olympischen Spiele in Tokio vergeben werden. Laura Lindemann und Jonas Schomburg hatten sich ihr Ticket für die Olympischen Spiele bereits durch ihre Platzierungen beim Test-Event in Tokio Mitte August 2019 gesichert. Einzige Voraussetzung für ihren Start bei den Olympischen Spielen war bislang nur noch ein Platz in den Top 35 im Ranking des Weltverbands. Ob diese Regelung weiterhin Bestand hat, wird sich wohl ebenfalls Mitte März zeigen. Am 18. März will World Triathlon bekanntgeben, wie es in Sachen Olympiaqualifikation weitergehen soll.
„Für die Athleten ist die aktuelle Lage nicht einfach, weil motivationsbedingt viel auch an Planungen und Rennterminen festgemacht wird“, sagt Daniel Unger. Der Kurzdistanz-Weltmeister von 2007 ist seit Oktober 2019 Bundesstützpunkttrainer in Saarbrücken. Ein gutes Dutzend DTU-Athleten trainiert er momentan am Olympiastützpunkt im Saarland, davon fünf mit direktem Olympiabezug: Justus Nieschlag, Valentin Wernz, Jonas Breinlinger, Lena Meißner und Tim Hellwig. Bislang hätten die Athleten die Sondersituation rund um die Coronapandemie und auch die ersten Rückschläge des neuen Jahres gut verpackt. „Es ist wichtig, dass die Athleten im Kopf flexibel bleiben und versuchen, entsprechende Meldungen und Veränderungen möglichst gut aufzufassen. Das ist natürlich aus Athletensicht nicht immer so einfach wie gesagt“, so Unger. Auch wenn der Trainingsalltag in Saarbrücken einer Achterbahnfahrt mit guten und auch manchmal schlechteren Tagen gleiche, seien Unger und seine Trainerkollegen grundlegend von der Moral der Athleten überzeugt. „Wir haben gesehen, dass die Athleten bereits sehr gut strukturiert sind und Spaß am Sport und Training haben, dass es eben nicht immer nur alles an Terminen und Wettkämpfen hängt“, sagt er.
Ich wäre in dieser Situation vor den Olympischen Spielen wohl maximal ins Rudern geraten.
Daniel Unger, Kurzdistanzweltmeister 2007
Best Case als Ausgangsszenario
Für Unger wäre eine vergleichbare Situation in seiner Zeit als Athlet eine große Herausforderung gewesen. „Ich wäre wohl maximal ins Rudern geraten und hätte mental relativ viel Aufwand betreiben müssen, um die Motivation nicht zu verlieren“, sagt er. Unger startete 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking – bei denen sich Teamkollege und Freund Jan Frodeno die Goldmedaille sicherte – und landete auf dem sechsten Platz. Es sei nun enorm wichtig, trotzdem den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten. Dabei spiele ein immer noch nicht komplett unrealistischer erneuter Ausfall der Olympischen Spiele erst einmal keine Rolle. „Momentan ist alles auf Go ausgerichtet. Solange wir nicht anderes hören, geben wir Vollgas und trainieren so wie wenn die Spiele auch stattfinden“, sagt Unger.
Nachdem das erste geplante Trainingslager einiger DTU-Athleten auf den Kanaren aufgrund eines positiven Coronatests in einer der Saarbrücker Trainingsgruppen ausfallen musste, sei nun ein Trainingslager Anfang März denkbar. Der Ausfall des ersten Versuchs war besonders ärgerlich, da sich der positive Test wenig später als Falschtestung herausstellte, mehr als fünf Athleten und ein Trainer am Stützpunkt trotzdem in Quarantäne mussten. „Wir können hier am Stützpunkt eigentlich alles machen. Uns fehlt hier eigentlich lediglich die kanarische Sonne und etwas Wärme“, sagt Unger.
Trainingslager in Jan Frodenos Wahlheimat Girona als Alternative
Für Radausfahrten und ein Trainingslager in wärmeren Gefilden sei auch ein Besuch einiger DTU-Athleten bei Ironman-Weltmeister Jan Frodeno in Girona denkbar, der dort erst vor einigen Tagen die Eröffnung seines Café und einer Residenz mit Ferienwohnungen gefeiert hatte. „Dort könnten wir eventuell mit dem Auto hinfahren und hätten vor Ort auch alle Möglichkeiten beim Schwimmen und im Krafttraining“, sagt Unger. Vor dem großen internen Leistungsvergleich werden einige der DTU-Athleten wohl noch beim Rennen in Chengdu (China) am 1. Mai und in Osaka (Japan) am 8. Mai an den Start gehen.