Nach packenden Szenen im abschließenden Halbmarathon sichern sich Léo Bergère und Tamara Jewett den Sieg beim Ironman 70.3 Oceanside.
Das Rennen der Männer
Um 6:40 Uhr fiel in Kalifornien der erste Startschuss des Ironman 70.3 Oceanside. Bei einer Wassertemperatur von nur 13 Grad Celsius wurde das Schwimmen mit Neoprenanzug absolviert, der rechteckige Kurs der ersten Disziplin bestand aus einer Runde. Anpassungen der Schwimmstrecke gab es dahingehend, dass aufgrund der Temperaturen lediglich im Hafenbecken geschwommen und auf einen Landstart ins offene Meer verzichtet wurde.
Bis zur ersten von zwei Wendebojen hatte sich der Franzose Léo Bergère bereits einen Vorsprung erarbeitet, die Konkurrenz war ihm jedoch dicht auf den Fersen. Nach 22:10 Minuten entstieg Bergère als Erster dem Pazifik, es folgte der US-Amerikaner Ben Kanute. An den Positionen drei und vier schlossen sich der Südafrikaner Nicholas Quenet sowie Jason West (USA) an. Eine größere Gruppe folgte nach rund 1:20 bis 1:40 Minuten, in der sich auch Vorjahressieger Jackson Laundry befand. Sam Long verpasste den Anschluss an diese Gruppe knapp um rund 15 Sekunden.
Regelmäßige Führungswechsel auf dem Rad
Bergère konnte seine Führung zunächst behaupten, doch bei der ersten Zeitmessung nach gut 20 Kilometer hatte Ben Kanute sie übernommen. Die erste Gruppe bestand nun aus den vier Athleten Kanute, Bergère, West und Quenet. Dahinter machte jedoch Sam Long einmal mehr von seiner Radstärke Gebrauch und hatte seinen Rückstand, nun auf Platz fünf liegend, bereits auf 1:13 Minuten verringert.
An der Zusammensetzung des Führungsquartetts änderte sich auch bis zur Hälfte der Radstrecke nichts. Der Rückstand Longs betrug derweil nur noch 30 Sekunden und er nahm mit dem vorausfahrenden Jackson Laundry die Verfolgung auf. An einem Anstieg konnte Long schließlich eine Attacke setzen, sammelte einen Athleten nach dem anderen ein und übernahm schließlich sogar die Führung. So begann schließlich das letzte Drittel der zweiten Disziplin: Long in Führung, Bergère, Laundry und Kanute in der direkten Verfolgung mit wenigen Sekunden Rückstand. Der Brite George Goodwin und Jason West bildeten gut 30 Sekunden dahinter ein weiteres Verfolger-Duo.
Auf den letzten Kilometern bis zur zweiten Wechselzone übernahm Léo Bergère ein weiteres Mal die Führung, Long, Laundry und Kanute blieben jedoch in Schlagdistanz. Long war es schließlich, der nach einem Bikesplit von 2:06:15 Stunden als Erster sein Rad abstellte. Bergère und Laundry folgten fünf und acht Sekunden später, George Goodwin (+13 Sekunden) und, mit größerem Abstand, Ben Kanute (+1:37 Minuten) zogen an den Positionen vier und fünf die Laufschuhe an.
Niemand kommt an Bergère heran
Auf der Laufstrecke machte der Franzose kurzen Prozess. Er hatte Long alsbald eingeholt und lief sofort vorbei. Zunächst schien es, als wolle Sam Long den Kontakt halten. Er entschied sich dagegen, lief jedoch nur unwesentlich langsamer als der Kurzdistanzspezialist. Von hinten drohte derweil Ungemach in Person von Jason West. Seine Paradedisziplin begann der US-Amerikaner als Sechster, er legte allerdings das mit Abstand schnellste Tempo an den Tag. Selbst ein knackiger längerer Anstieg hielt ihn nicht davon ab, seinen Landsmann Ben Kanute bereits im ersten Viertel der Strecke zu überholen.
Bergère baute seinen Vorsprung sukzessive aus: Zehn Kilometer vor dem Ziel betrug er fast eine Minute auf Sam Long. Dass dieser seinen zweiten Platz nicht würde halten können, war absehbar und bestätigte sich schließlich. Bei der 14-Kilometer-Marke hatte sich Jason West bereits an Position zwei vorgearbeitet. Sein Rückstand auf den Führenden betrug zu diesem Zeitpunkt noch 1:22 Minuten.
Auf dem Weg zur Zielgeraden sollte sich diese Verfolgungsjagd zu einem echten Krimi entwickeln, nachdem der Rückstand Wests einen Kilometer vor dem Ziel auf neun Sekunden geschmolzen war. Bergère schien darauf jedoch vorbereitet und zog das Tempo mit regelmäßigen Blicken über die Schulter nochmals an. Mit Erfolg: Nach 3:45:25 Stunden lief Léo Bergère als Erster über die Ziellinie. Mit einem phänomenalen Halbmarathon von 1:07:41 Stunden sicherte sich Jason West nicht nur einen neuen Laufstreckenrekord, sondern auch den zweiten Platz in 3:45:37 Stunden. Nach 3:47:38 Stunden komplettierte Jackson Laundry schließlich das Podium. Ben Kanute und George Goodwin folgten auf den Rängen vier und fünf.
Ironman 70.3 Oceanside 2023 | Profi-Männer
1. April 2023 | Oceanside (Kalifornien, USA)Platz | Name | Nation | Gesamtzeit | 1,9 km Swim | 90 km Bike | 21,1 km Run |
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1 | Léo Bergère | FRA | 3:45:25 | 0:22:10 | 2:08:17 | 1:10:34 |
2 | Jason West | USA | 3:45:37 | 0:22:44 | 2:11:04 | 1:07:41 |
3 | Jackson Laundry | CAN | 3:47:38 | 0:23:47 | 2:06:59 | 1:12:38 |
4 | Ben Kanute | USA | 3:49:38 | 0:22:39 | 2:09:47 | 1:13:00 |
5 | George Goodwin | GBR | 3:50:35 | 0:23:22 | 2:07:18 | 1:15:27 |
6 | Matt Mcelroy | USA | 3:50:54 | 0:22:42 | 2:13:33 | 1:11:23 |
7 | Sam Long | USA | 3:52:19 | 0:24:38 | 2:06:15 | 1:17:34 |
8 | Tomas Rodriguez Hernandez | MEX | 3:54:55 | 0:22:47 | 2:17:04 | 1:10:06 |
9 | Trevor Foley | USA | 3:55:53 | 0:27:35 | 2:12:34 | 1:11:03 |
10 | Eric Lagerstrom | USA | 3:58:05 | 0:22:44 | 2:16:01 | 1:14:45 |
Das Rennen der Frauen
Bei den Frauen, die drei Minuten nach den Männern ins Wasser geschickt wurden, war es die Britin Holly Lawrence, die sich bereits nach wenigen Metern an die Spitze der Gruppe setzte und schon bald eine große Lücke reißen konnte. Die Flucht nach vorn zahlte sich aus und Lawrence kam nach 24:15 Minuten mit einem amtlichen Vorsprung von 1:28 Minuten als Erste aus dem Wasser. Es folgte ein Quartett mit der Britin Katrina Matthews, der Kanadierin Tamara Jewett, Ironman-Weltmeisterin Chelsea Sodaro (USA) sowie Paula Findlay (CAN).
Führungsgruppe mit starken Läuferinnen
Findlay machte sich auf dem Rad sofort auf den Weg nach vorn und nahm die Verfolgung auf, sodass sie schon bald an zweiter Position unterwegs war. Nach 20 Kilometern war ihr Abstand zu Holly Lawrence bereits auf weniger als eine Minute geschrumpft. Katrina Matthews fuhr direkt dahinter an Position drei, Jewett und Sodaro hatten dazu wiederum eine kleine Lücke von rund zehn Sekunden.
Der Vorsprung von Lawrence schmolz immer weiter. Nach gut 90 Minuten Renndauer und 42 Radkilometern lag sie nur noch mit knapp 30 Sekunden in Führung, und auch dahinter machte sich Katrina Matthews auf, Paula Findlay demnächst hinter sich zu lassen. Findlay gelang es allerdings erst einmal, Holly Lawrence die Führung an einem steilen Anstieg abzunehmen. Diese wollte sich das jedoch nicht bieten lassen und flog auf der folgenden Abfahrt sofort wieder vorbei an die Spitze. Mit der Konstellation Lawrence, Findlay, Matthews, Jewett und Sodaro bei Radkilometer 63 schien der Weg geebnet für einen spannenden Halbmarathon.
Aufholjagden beim Halbmarathon
Nach 2:23:10 Stunden auf dem Rad war es schließlich Katrina Matthews, die als erste Athletin vom Rad stieg. Paula Findlay und Holly Lawrence folgten vier und fünf Sekunden später, Chelsea Sodaro als Vierte mit 21 Sekunden Rückstand. Tamara Jewett hatte als Fünfte bereits einen Abstand von 1:14 Minuten. Die Kanadierin hatte auf dem Rad eine Zeitstrafe wegen Blockings erhalten. Gut gelaunt und mit einem breiten Grinsen im Gesicht verließen Matthews und Lawrence die Wechselzone gemeinsam, wobei sich Erstere leicht absetzen konnte. Mit Chelsea Sodaro gab es jedoch bald eine neue Führende, die den ersten Kilometer in einer Pace von unter drei Minuten lief. Zusammen mit Matthews drückte sie nun aufs Tempo, setzte sich jedoch bald endgültig von dieser ab. Matthews bekam derweil Gesellschaft von Tamara Jewett, einer der laufstärksten Athletinnen im Triathlon. Deren Tempo konnte die Britin bald nicht mehr mitgehen und nach neun Kilometern war Jewett bereits auf 18 Sekunden hinter Sodaro herangelaufen.
Nach der Hälfte der Laufstrecke war es schließlich so weit und Jewett hatte Sodaro eingeholt. Diese wollte die Kanadierin jedoch nicht so schnell ziehen lassen und war an diesem Tag die einzige Athletin, die das Tempo von rund 3:30 Minuten pro Kilometer mitgehen konnte. Dies währte jedoch nicht lang und Jewett konnte ihren Vorsprung nach und nach ausbauen. Einen Kilometer vor dem Ziel betrug er schließlich komfortable 1:17 Minuten und nach einer Laufzeit von exakt 1:13 Stunden und insgesamt 4:08:09 Stunden belohnte sich die Kanadierin schließlich mit dem Sieg. Chelsea Sodaro sicherte sich nach 4:09:31 Stunden den zweiten Platz und Katrina Matthews lief bei ihrem Comeback ins Renngeschehen nach der harten Kollision mit einem Auto in der Vorbereitung auf den letztjährigen Ironman Hawaii sichtlich emotional in 4:12:27 Stunden als Dritte ins Ziel. Holly Lawrence und Paula Findlay belegten schließlich nach 4:16:32 Stunden und 4:21:52 Stunden die Plätze vier und fünf.
Ironman 70.3 Oceanside 2023 | Profi-Frauen
1. April 2023 | Oceanside (Kalifornien, USA)Platz | Name | Nation | Gesamtzeit | 1,9 km Swim | 90 km Bike | 21,1 km Run |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Tamara Jewett | CAN | 4:08:09 | 0:25:45 | 2:24:38 | 1:13:00 |
2 | Chelsea Sodaro | USA | 4:09:31 | 0:25:45 | 2:23:37 | 1:15:21 |
3 | Kat Matthews | GBR | 4:12:27 | 0:25:44 | 2:23:10 | 1:18:34 |
4 | Holly Lawrence | GBR | 4:16:32 | 0:24:15 | 2:25:09 | 1:22:39 |
5 | Paula Findlay | CAN | 4:21:52 | 0:25:45 | 2:23:17 | 1:27:50 |
6 | Danielle Lewis | USA | 4:24:16 | 0:28:54 | 2:30:03 | 1:19:51 |
7 | Maja Stage Nielsen | DEN | 4:25:28 | 0:27:02 | 2:30:13 | 1:22:19 |
8 | Annamarie Strehlow | USA | 4:32:00 | 0:28:52 | 2:34:03 | 1:24:05 |
9 | Olivia Mitchell | ESP | 4:32:55 | 0:27:00 | 2:36:30 | 1:24:36 |
10 | Nicole Falcaro | USA | 4:42:56 | 0:29:18 | 2:40:31 | 1:26:39 |
Es ist schwer für Mitteldistanz-Spezialisten, wenn die Elite der WTCS sich die Ehre bei einem 70.3 Rennen gibt. Sehr souveräner Sieg von Bergere und ich hatte den Eindruck, er hätte auch noch schneller gekonnt, wenn es denn seitens West notwendig gewesen wäre. Für Frodeno wäre das auch eine harte Nummer geworden, denn Bergere wäre er nur sehr schwer losgeworden und dann hätte er ihn im Laufen besiegen müssen.
Die 1:13 von Jewett beim Lauf sind phänomenal. Und tolles Comeback von Matthews, die für den IM Texas in genau der richtigen Form zu sein scheint.
Matt Mcelroy wurde sechster in 3:50:54. Seine Zeitmessung hat wohl nicht korrekt funktioniert. https://www.ironman.com/im703-oceanside-results