10 Meter, 12 Meter, 20 Meter. Zu viele Athleten auf engstem Raum. Eine hohe Leistungsdichte. Und immer diese seltsam schreckhaften Verhaltensweisen von Sportlern, wenn wir als Fotografen mit einem Motorrad herandröhnen. Die Windschattenproblematik und die Diskussionen darum waren bis 2019 Dauerbrenner unter Triathleten, gerieten dann unter Corona wegen nicht stattfindender Wettkämpfe in Vergessenheit, um 2021 vor allem im Profizirkus wieder aufzuflammen.
Neuseeländisches Start-up partnert mit World Triathlon und Universität
Damit soll nun Schluss sein – denn ab dem kommenden Jahr soll moderne Technik das Windschattenproblem minimieren und für Teilnehmer und Kampfrichter transparenter machen. Ein neuseeländisches Start-up hat nun sein Produkt RaceRanger vorgestellt, hinter dem sich eine triathlonspezifische Anti-Drafting-Technologie verbirgt. Verantwortlich dafür sind die neuseeländischen Ex-Profis James Elvery (der einige Jahre in der 1. Bundesliga in Deutschland aktiv war) und Dylan McNeice, die in den vergangenen fünf Jahren in Neuseeland in Zusammenarbeit mit World Triathlon und der University of Canterbury an der Entwicklung gearbeitet haben.
RaceRanger ist ein elektronisches Sensorsystem, das entwickelt wurde, um das Problem des Windschattenfahrens auf der Radstrecke bei Triathlons ohne Windschattenfahren fairer zu gestalten. Non-Drafting-Wettbewerbe machen weltweit etwa 85 Prozent der Triathlonwettbewerbe aus. Bislang werden die Entfernungen für das Windschattenfahren von den Athleten und den Kampfrichtern, die sie überwachen, subjektiv und mit bloßem Auge eingeschätzt. Das neue System misst mit hoher Genauigkeit den Abstand zwischen den Athleten während der Fahrt.
Zwei Geräte und jede Menge Daten
Das RaceRanger-System besteht aus zwei Geräten, die jeder Teilnehmer an der Sattelstütze und am linken Gabelschaft anbringt. Ausgestattet sind die Devices mit Messtechnik und Antennen, die untereinander kommunizieren, sowie Leuchten, die sowohl den Teilnehmern als auch den Kampfrichtern signalisieren, ob sich ein Athlet in der sogenannten Windschattenbox befindet oder beispielsweise noch im erlaubten 25-Sekunden-Zeitfenster, in dem er einen Überholvorgang abschließen muss. Der Athlet selbst kann an seinem vorn angebrachten Sensor seinen Status erkennen, der hinten angebrachte kann nachfolgende Athleten wie ein Bremslicht warnen. Die Kampfrichter sind ihrerseits mit Monitoren auf den Rücken ihrer Motorradfahrer ausgestattet, auf denen sie auch aus großer Entfernung – und damit unhörbar – die korrekte Einhaltung der Abstände beobachten können, aber auch einen Einblick in die Draftinghistorie einzelner Athleten während eines Rennens nehmen können. Per Fingertipp können die Referees zukünftig Sanktionen verhängen und in Echtzeit ins System melden.
Die Vernetzung des Systems hört aber an dieser Stelle nicht auf. So soll es große Displays geben, die die Teilnehmer, die mithilfe der Technologie beweisfest der Vorteilsnahme durch Drafting überführt wurden, in die Penalty Tents einweisen soll. Dort sollen die Abläufe ebenfalls automatisiert werden, indem der Beginn der Zeitstrafe automatisch erfasst und der richtige Moment für die Wiederaufnahme des Wettkampfs signalisiert wird.
Erster Praxistest im Januar
Der RaceRanger wird zunächst bei ausgewählten Wettkämpfen im neuseeländischen Sommer zusammen mit Technischen Offiziellen von Triathlon New Zealand öffentlich getestet, bereits im Januar soll es einen ersten Einsatz mit zunächst 20 Devices geben. Im Anschluss an die Testphase wird das RaceRanger-System überprüft, seine künftige Nutzung und Entwicklung wird bei Bedarf mit künftigen Anpassungen der World-Triathlon-Wettkampfregeln abgestimmt und integriert. Der Triathlon-Weltverband war an der Entwicklung ebenso beteiligt wie Jimmy Riccitello, der Chef-Kampfrichter von Ironman.
RaceRanger bietet seine Technologie nach dem Schema „Hardware as a service“ an. Der Veranstalter mietet Knowhow, Personal und Equiment an wie bei einem Zeitmessdienstleister, mit dem es auch Interaktionen geben kann. So steht die zukünftige Weiterentwicklung hin zu einem satellitengebundenen Echtzeit-Tracking der Athleten bereits auf der Agenda der Neuseeländer.
Am jeweiligen Rennort bekommen die Teilnehmer die aufgeladenen Geräte mit ihren Startunterlagen ausgehändigt, beim Check-in findet eine Verifikation und Überprüfung der vom Athleten installierten Sensoren statt. Die Kosten, die die Veranstalter auf die Athleten umlegen, sollen in der Größenordnung von „zwei bis drei Fahrradschläuchen“ liegen. Ob es sich dabei um die klassischen Butylschläuche oder die modernen aus Hochtechnologiekunststoff, ist noch nicht bekannt.