Mein persönlicher Rennbericht vom Ironman 70.3 Dubai

Rennberichte über erfolgreiche Rennen schreiben sich deutlich leichter, trotzdem möchte ich euch versuchen einen Einblick in das Rennen selbst aber auch in den Prozess des Verarbeitens zu geben. Ein paar Tage sind nun seit dem Ironman 70.3 Dubai vergangen und ich hatte ausreichend Zeit das Rennen zu reflektieren und einzuordnen – inzwischen fällt mein Fazit auch positiver aus als im ersten Moment. Aber der Reihe nach:

Fünf Tage vor dem Rennen bin ich nach Dubai geflogen, um mich an die warmen Temperaturen zu gewöhnen und mich vor Ort auch etwas zurechtzufinden. Die Tage vor dem Rennen verliefen unaufgeregt: ein bisschen trainieren, das Race-Equipment testen, viel im Hotelzimmer die Beine ausruhen und versuchen alles soweit vorzubereiten, dass man am Renntag keinen unnötigen Stress hat. Mit jedem Tag stieg einerseits meine Vorfreude, andererseits baute sich eine große Anspannung in mir auf, denn ich wusste, dass alle Augen auf Miami und Dubai gerichtet waren. 

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Der Rennmorgen begann sehr früh, schon um 3.45 Uhr klingelte mein Wecker und um 5 Uhr war ich in der Wechselzone für die letzten Handgriffe. Kurzes Warm-Up an Land und dann stand ich neben 14 anderen Profiathletinnen aufgeregt im Startbereich. So aufgeregt, dass wenige Minuten vor dem Start unter uns die Diskussion entstand, welche Bojen zur Schwimmstrecke gehörten und von uns zu umschwimmen waren. Das Gefühl an einer Startlinie zu stehen, war wirklich toll – liebe TriathletInnen, auch wenn das letzte Rennen schon eine Weile her und das nächste unsicher ist, lohnt es sich, für dieses Gefühl im Training weiter Gas zu geben!

Das Schwimmtraining trägt Früchte

Die Euphorie am Start wurde zwei Sekunden später etwas ausgebremst, denn im flachen Wasser bin ich über meine eigenen Füße gestolpert und mit der Nase im Salzwasser gelandet. Es war aber nicht schlimm, denn ich war schnell wieder auf den Beinen und konnte sehen, wie meine Konkurrentinnen links von mir im Wasser rennen konnten, während die rechts von mir bereits geschwommen sind. Getreu dem Motto, jeden Meter, den ich rennen kann und nicht schwimmen muss, ist ein guter Meter, habe ich mich auch links gehalten. Nach dem hektischen Anfangsminuten habe ich einen guten Rhythmus gefunden und bin anschließend für mich geschwommen. Dachte ich zumindest, irgendwann hat mir dann doch jemand mit regelmäßigem Klatschen auf die Füße „Hallo“ gesagt. Nach 1,9 Kilometern bin ich mit vier anderen Athletinnen und mit geringerem Rückstand als erwartet in die Wechselzone gerannt. Mit meiner Schwimmleistung bin ich sehr zufrieden – dass ich in der zweiten Gruppe nicht nur mitgeschwommen bin, sondern diese angeführt habe, stimmt mich positiv. Es ist schön zu sehen, dass sich das intensive Schwimmtraining mit Swiss Triathlon in den letzten Monaten auszahlt. 

In der Wechselzone ist mir dann der erste große Fehler passiert: Ich habe sehr langsam gewechselt und die Gruppe, die mir eigentlich eine super Ausgangslage beschert hätte, verpasst. Der Niederländerin Tessa Kortekaas ging es ähnlich und zu zweit haben wir versucht, die Lücke zu schließen. Ich habe mich von Beginn an nicht so stark gefühlt und selbst hinter Tessa war ich die ersten 30 Kilometer leicht über den Wattvorgaben meines Trainers Reto Brändli. Mit der Hitze im Hinterkopf, die uns auf der Laufstrecke erwarten würde, habe ich entschieden, einen Tick lockerer zu fahren. Der zweite Fehler, denn es wäre nicht mehr weit zur Gruppe gewesen, wie ich beim Wendepunkt festgestellt habe. Als Konsequenz davon, war ich den zweiten Teil der Radstrecke auf mich alleine gestellt und mit zunehmender Renndauer fiel es mir schwer, das Tempo auf einer nicht gerade abwechslungsreichen Strecke konstant hochzuhalten. Nach dem Rennen habe ich direkt meinen Garmin an den PC angeschlossen, um das Radfahren etwas genauer unter die Lupe zu nehmen: Insgesamt war ich nur leicht unter der Vorgabe meines Trainers, im Vergleich zu vergangenen 70.3-Rennen war es die stärkste Radleistung bislang. Für einen schnellen Radsplit sind jedoch etwas mehr als nur gute Wattwerte nötig und die anderen Damen haben in den letzten Monaten offensichtlich auch ihre Hausaufgaben gemacht. 

Wattwerte sind nicht alles

Auf den letzten fünf Kilometern der Radstrecke wurde ich von zwei weiteren Athletinnen eingeholt, mit denen ich dann bis zur Wechselzone mitgefahren bin. Auf Platz elf liegend bin ich schlussendlich vom Rad gestiegen und war mental ehrlich gesagt schon etwas angeknackst. Ich habe mir im Nachhinein viele Gedanken darüber gemacht, was genau in diesen Momenten in mir vorgegangen ist und wie es dazu kam. Erst Mitte Februar und kurz vor Anmeldeschluss habe ich mich für das Rennen angemeldet und mich darauf vorbereitet. Mit dem Ziel, Dubai zu nutzen, um verschiedene Dinge, auf die ich mich in den letzten Monaten fokussiert habe, im Wettkampf zu überprüfen: an erster Stelle das Schwimmen, aber auch die Verpflegung im Rennen. Ich wollte ohne Druck und ohne ein konkretes Platzierungsziel starten. Nachdem die wenigen wettkampfspezifischen Trainingseinheiten richtig gut liefen und ich immer heißer auf das Rennen wurde, habe ich diesen Vorsatz etwas „vergessen“ und anstatt eine gewisse Lockerheit mit ins Rennen zu nehmen, war ich verkrampft. Ich wollte abliefern, diese Chance bestmöglich nutzen und eine gute Platzierung erreichen. Auf den ersten Kilometern des Halbmarathons habe ich gespürt, dass dieses Ziel für mich außer Reichweite lag. Es war ein langer Halbmarathon, bei dem ich zwischendurch immer wieder mit mir gehadert habe.

Im Zielbereich angekommen war ich ziemlich enttäuscht. Sport und Emotionen sind eng miteinander verknüpft und ich möchte mich auch nicht für meine anfängliche Enttäuschung rechtfertigen. Es ist meiner Meinung nach jedoch wichtig, dass man sich nicht ewig daran aufhängt und stattdessen die gewonnenen Erkenntnisse – übrigens genau wie bei einem guten Rennen – mit in die Vorbereitung für das nächste Rennen nimmt. Ich nehme aus Dubai deshalb ein gutes Schwimmen mit, die Erkenntnis, dass sowohl Verpflegungs- als auch Hitzestrategie gut funktioniert haben und neue Motivation, an meinen „Baustellen“ in den nächsten Wochen intensiver zu arbeiten.

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Anne Reischmann
Anne Reischmannhttp://annereischmann.de/
Anne Reischmann wurde am 4. April 1992 geboren und lebt in Winterthur in der Schweiz und in Ravensburg. An der Universität Konstanz studierte sie Lehramt. Seit 2019 ist sie Triathlon-Profi im hep Sports Team, ihr Coach ist der Schweizer Reto Brändli. Die größten Erfolge der ehemaligen Leichtathletin (Deutsche Vizemeisterin U23 über 5.000 Meter 2013) sind der Sieg beim Allgäu-Triathlon 2018 und der 2. Platz beim Ironman 70.3 Les Sables d’Olonne 2019.

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