Donnerstag, 23. Januar 2025

Die Absage des Ironman 70.3 Dresden und ihre Hintergründe

Getty Images for IRONMAN

Am vergangenen Mittwochnachmittag bekamen die gemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Ironman 70.3 Dresden eine E-Mail mit dem Betreff „Event Update“. Darin wurde mitgeteilt, dass das Rennen nicht am geplanten Termin, dem 31. Juli stattfinden kann.

Trotz dieser kurzfristigen Absage, nur vier Tage vor dem Wettkampf, war wohl kaum jemand ernsthaft überrascht, denn wie das immer so ist: Gerüchte machen die Runde, erhärten sich schließlich, Beiträge werden geteilt, und jeder weiß etwas aus verschiedenen Quellen.

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Richtig ins Rollen kam das Ganze nach einem Beitrag des MDR, der die Durchführung des Ironman 70.3 Dresden in Frage stellte. Die Absage schien sicher, doch der Veranstalter hielt sich weiterhin bedeckt und veröffentlichte stattdessen den Athletenguide, der bis dahin auf sich warten ließ, nur um einen Tag später die besagte E-Mail zu verschicken.

Viele Fragezeichen, kein Rennen

Wie konnte das passieren? Woran ist die Austragung des Premierenrennens gescheitert? Wie wahrscheinlich ist nach diesem Drama eine angekündigte Verschiebung in den September und was passiert, wenn mir dieser neue Termin gar nicht passt?

Unter anderem diese Fragen haben sich viele Betroffene gestellt. Wir haben bei Ironman nachgefragt und Oliver Schiek, den Chef der DACH-Region zum Gespräch gebeten.

Der Prozess der Streckenplanung und seine Tücken

Ohne Strecke kein Wettkampf – so viel ist klar. Dass der Prozess einer Streckenplanung, insbesondere bei einer Großveranstaltung in einem Ballungsgebiet, sehr langwierig und aufwendig sein kann, dürfte ebenfalls jedem bewusst sein. Im Fall der Erstaustragung in Dresden dauert dieser Prozess laut Schiek nun bereits mehr als ein Jahr an. „Zunächst muss eine allgemeine Veranstaltungsgenehmigung eingeholt werden, die dann wiederum mehrere Unterteile hat, beispielsweise aus verkehrsrechtlicher Sicht. Besonders wenn sich die Strecke im Herzen einer Stadt befindet, sind diese Genehmigungen sehr komplex“, erklärt er.

Zum Launch der Veranstaltung habe es einen vorabgestimmten Streckenvorschlag gegeben, der dann auch veröffentlicht wurde und schließlich noch mit den betroffenen Gemeinden und Landkreisen abgestimmt werden musste. „In Dresden war es nun so, dass in den vergangenen Monaten mehrere Situationen, etwa unvorhergesehene Baustellen und Änderungen in der Verkehrsführung, eingetreten sind. Wir mussten die Strecke anpassen“, sagt Schiek. Das Ergebnis dieser Anpassung war schließlich der vor wenigen Wochen veröffentlichte Radkurs, der für zahlreiche Diskussionen gesorgt hat: rund 400 Höhenmeter mehr als ursprünglich, verwinkelte Streckenführung, vermeintlich gefährliche Abfahrten sowie schlechter Straßenbelag waren die am häufigsten genannten Punkte des aufkommenden Unmuts. Dieser kam auch bei Ironman an. „Die veränderte Strecke wurde so problematisch, dass wir in der vergangenen Woche noch einmal mit allen Beteiligten zusammengesessen haben, um eine sichere und für alle vertretbare Strecke zu kreieren“, sagt Oliver Schiek.

Mit dem dann finalen Kurs über zwei Runden à 45 Kilometer auf der Bundesstraße B6 sei man sich schließlich einig gewesen und sicher, eine Genehmigung zu erhalten, weitere Abstimmungen seien in die Wege geleitet worden. „Anfang dieser Woche, mit einem Höhepunkt am Mittwoch, war dann aber die Situation erreicht, in der wir uns eingestehen mussten, dass es zu viele Probleme gibt, die in der Kürze der Zeit nicht mehr zu lösen sind und in der Vorwoche nicht absehbar waren“, erklärt Schiek. Einige Faktoren – Rettungswege, Anwohner, Zufahrtsmöglichkeiten von Krankenhäusern und Pflegediensten, ein Tanklager – seien von allen Beteiligten nicht hundertprozentig richtig eingeschätzt worden. Zudem benötigten derart aufwendige Straßensperrungen einen gewissen Vorlauf. „Irgendwann hat uns alle, sowohl Ironman als auch die Verkehrsbehörde und die Stadt Dresden, die Zeit überholt“, gibt der Chef von Ironman Germany zu.

Die Flut an Aufgaben sei zu hoch gewesen, um sie in der verbleibenden Zeit noch so zu bewältigen, dass man am Ende eine sichere und fahrbare Strecke hätte präsentieren können. „Das Letzte, was wir wollen, ist ein Vorfall, der daran liegt, dass wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben, und dadurch ein erheblicher Schaden, vor allem an Menschen, entsteht. Das konnte ich nicht mehr ausschließen“, sagt Schiek.

Kommunikation in letzter Sekunde?

Der Punkt, der bei den meisten Athletinnen und Athleten für das meiste Unverständnis sorgt, ist die späte Kommunikation seitens des Veranstalters. Wieso wird ein Athletenguide veröffentlicht, wenn scheinbar sicher ist, dass eine Absage droht? „In der Vorwoche war bereits klar, dass es ein Kampf werden würde. Ich persönlich habe aber am Dienstag noch daran geglaubt, dass wir das hinkriegen“, beteuert Schiek. Am Mittwoch seien dann aber schließlich alle Karten ausgespielt gewesen. „Dann brauchte es aber noch ein, zwei Stunden, bis wir uns in der Kommunikation mit unserem Partner Dresden abgestimmt hatten. Natürlich mussten wir uns auch darauf vorbereiten, was wir im ersten Schritt antworten, schließlich braucht jeder Teilnehmer eine auf sich zugeschnittene Lösung“, so Schiek.

Flexible Lösungen für Athletinnen und Athleten

Selbst wenn der größte Ärger verraucht ist, stehen die Teilnehmenden vor der Frage, was mit ihren bereits getätigten Kosten passiert. Bereits bezahlte Unterkünfte, Zugtickets oder Ähnliches können schließlich nicht unbedingt kurzfristig storniert werden. Dafür eine Lösung zu finden, ist derzeit die Hauptaufgabe des Veranstalters. „Auch wenn es niemandem im ersten Schritt hilft, möchte ich mich in aller Form bei den Athleten entschuldigen und bedaure zutiefst, dass wir uns in dieser Situation befinden“, sagt Oliver Schiek. Man arbeite momentan mit Hochdruck daran, „flexible Optionen und Lösungen“ für die Athletinnen und Athleten anzubieten.

Frist bis zum 5. August

Stichtag dafür ist Freitag, der 5. August. An diesem Tag will Ironman spätestens auf die Gemeldeten proaktiv zugehen, um die möglichen Optionen vorzustellen. „Meine aktuelle Hoffnung, und das sieht momentan sehr gut aus, ist, dass wir tatsächlich einen echten Verschiebetermin im September anbieten können und dieser Termin für viele passt. Für manche wird das keine Option sein und für diese Athleten wird es flexible Lösungen geben, die wir uns im Einzelfall anschauen müssen“, sagt Schiek. Ob es mit der Verschiebung klappt und welcher Termin dafür angesetzt wird, müsse in der nächsten Woche definitiv entschieden werden. Man habe bereits ein Datum im Blick sowie mehrere machbare Streckenoptionen, deren Problemstellen gezielt angegangen werden könnten. Eine Verschiebung auf den September dieses Jahres werde es nur geben, wenn sie sicher umsetzbar sei, so Oliver Schiek. Sprich: Wenn ein neuer Termin verkündet wird, wird es keine weiteren Unwägbarkeiten geben. „Wir können uns nicht ein weiteres Mal blamieren.“

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Anna Bruder
Anna Bruder
Anna Bruder wurde bei triathlon zur Redakteurin ausgebildet. Die Frankfurterin zog nach dem Studium der Sportwissenschaft für das Volontariat nach Hamburg und fühlt sich dort sehr wohl. Nach vielen Jahren im Laufsport ist sie seit 2019 im Triathlon angekommen und hat 2023 beim Ironman Frankfurt ihre erste Langdistanz absolviert. Es war definitiv nicht die letzte.

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